Zeitlich sind von den neuen Regeln zunächst EuVECA- und EuSEF-Fondsmanager betroffen. Für diese wird das neue Regime innerhalb von 20 Arbeitstagen nach Inkrafttreten auf EU-Ebene gelten. Für alle anderen EU-Fondsmanager bedarf es einer Umsetzung in nationales Recht. Hierfür ist eine Umsetzungsfrist von zwei Jahren vorgesehen. Hinsichtlich Drittstaaten-Fondsmanagern ist derzeit noch nicht absehbar, wie das neue Pre-Marketing Regime für diese ausgestaltet sein wird.
Einheitliche Definition für Pre-Marketing
Die geplanten Neuregelungen sehen erstmals eine amtliche Definition des Begriffs Pre-Marketing sowie dessen ausdrückliche Zulässigkeit unter bestimmten Voraussetzungen vor. Pre-Marketing soll definiert werden als das direkte oder indirekte Bereitstellen von Informationen über Anlagestrategien oder Anlagekonzepte gegenüber in der EU ansässigen potentiellen Investoren, um deren Interesse an einem Fonds zu testen, der noch nicht aufgelegt ist oder für den es im jeweiligen Mitgliedsstaat noch keine Vertriebsanzeige gibt.
Dies führt im Vergleich zur derzeitigen Regelung zum Pre-Marketing zu einer Verschärfung in Deutschland. Nach den derzeitigen Regelungen muss ein Fondsmanager prüfen, ob noch Pre-Marketing oder bereits ein Vertrieb seines Fonds gegeben ist. Ist die Schwelle zum Vertrieb noch nicht überschritten, befindet sich der Fondsmanager noch im Rahmen des Pre-Marketings und damit im bislang nicht regulierten Bereich. Nach dem neuen Pre-Marketing-Regime muss der Fondsmanager jedoch bereits vor Vertrieb eines Fonds prüfen, ob bereits die Schwelle zum Pre-Marketing überschritten ist und ggf. eine entsprechende Pre-Marketing-Anzeige abgeben (siehe unten).
Da die neu einzuführende EU-Definition des Pre-Marketings sehr weit gefasst ist, dürfte es für einen Fondsmanager kaum mehr möglich sein, mit einem potentiellen Investor in Deutschland über die Investmentstrategie künftiger Fonds zu sprechen, ohne die Schwelle zum Pre-Marketing zu überschreiten.
Anforderungen an Pre-Marketing-Dokumente
Zudem ist ein Katalog an Informationen vorgesehen, die potentiellen Investoren nicht zur Verfügung gestellt werden dürfen, um den Bereich des (regulierten) Vertriebs zu vermeiden. Im Kern dürfen potentielle Investoren noch nicht in die Lage versetzt werden, eine Anlageentscheidung zu treffen. Auch dürfen die Informationen zusammengenommen noch keine Zeichnungsdokumente in finaler oder Entwurfsfassung, sowie keine Gründungsdokumente, Prospekte oder ähnliches in finaler Form enthalten. Wann diese Voraussetzungen vorliegen, wird jedoch weiterhin eine Wertungsfrage bleiben, für deren Auslegung es auf die nationalen Aufsichtsbehörden oder etwaige Äußerungen der ESMA ankommen wird.
Werden Dokumente in der Pre-Marketing-Phase weitergegeben, müssen diese einen Disclaimer enthalten, der klarstellt, dass es sich nicht um ein Angebot oder eine Aufforderung zur Zeichnung von Anteilen handelt und dass solche Dokumente unverbindlich sind und noch Änderungen unterliegen können.
Schließlich sieht der erzielte Kompromiss vor, dass Fondsanteile nicht im Rahmen des Pre-Marketings, sondern nur in Übereinstimmung mit den Vertriebsvorschriften gezeichnet werden dürfen.
Notifizierungspflicht für Pre-Marketing
Fondsmanager sollen binnen zwei Wochen ab Beginn des Pre-Marketings eine formlose schriftliche oder elektronische Mitteilung an die Aufsichtsbehörde ihres Heimatstaates über den Beginn von Pre-Marketing-Aktivitäten machen. Anzugeben sind unter anderem die Mitgliedsstaaten, in denen Pre-Marketing erfolgt sowie der Fonds und der relevante Zeitraum.
Die zuständige Behörde des Heimatstaates soll die entsprechenden Behörden der anderen betroffenen Mitgliedsstaaten informieren, welche ihrerseits um die Einholung weiterer Informationen bitten können. Derzeit noch nicht absehbar ist, wie die Notifizierungspflicht bei Drittstaaten-Fondsmanagern ausgestaltet sein wird. In den geplanten Neuregelungen wird bislang lediglich darauf verwiesen, dass EU-Fondsmanager durch die neuen Regelungen nicht gegenüber Drittstaaten-Fondsmanagern benachteiligt werden dürfen.
Sämtliche Pre-Marketing-Aktivitäten sollen aufseiten des Fondsmanagers angemessen zu dokumentieren sein.
Reverse Solicitation
Auch auf den Bereich der Reverse Solicitation wird die geplante Reform Auswirkungen haben. Fondsmanager sollen sich demnach nicht mehr auf Reverse Solicitation berufen dürfen, wenn sie binnen der vorangehenden 18 Monate Pre-Marketing-Aktivitäten in Bezug auf den betreffenden Fonds betrieben haben. Jede Zeichnung eines Fondsanteils binnen dieser Frist soll als Ergebnis eines Vertriebs anzusehen sein.
Gegenüber Investoren, die im Rahmen des Pre-Marketings angesprochen wurden, soll offenbar überhaupt keine Reverse Solicitation mehr möglich sein. Solche Investoren sollen demnach auch nach Ablauf der 18 Monate nicht über Reverse Solicitation zeichnen können.
Inkrafttreten
Der nun gefundene Kompromiss muss noch vom zuständigen Ausschuss des europäischen Parlaments sowie im Plenum beschlossen werden, um in Kraft treten zu können. Da nun Einigkeit zwischen den europäischen Institutionen hergestellt ist, wird dies voraussichtlich zeitnah geschehen.
Anschließend treten die neuen Regeln für EuVECA- und EuSEF-Fondsmanager innerhalb von 20 Arbeitstagen in Kraft. Für alle anderen Fondsmanager bedarf es einer Umsetzung der Regelungen in nationales Recht, für die eine Umsetzungsfrist von zwei Jahren vorgesehen ist.
Key Facts
- Pre-Marketing soll einheitlich definiert werden.
- Die zulässigen Informationen im Bereich des Pre-Marketings werden reguliert.
- Pre-Marketing bedarf künftig einer vorherigen Notifizierung der Aufsichtsbehörde im Heimatstaat des Fondsmanagers.
- Pre-Marketing muss adäquat dokumentiert werden.
- Ab Beginn des Pre-Marketings soll während einer Sperrfrist von 18 Monaten Reverse Solicitation generell ausgeschlossen sein. Gegenüber Investoren, die im Pre-Marketing angesprochen wurden, soll Reverse Solicitation sogar darüber hinaus ausgeschlossen sein.
Mehr zum Thema:
EuVECA, PRIIP und MiFID II – Ein Überblick für Fondsmanager