+++ Update vom 29. Juli 2024 +++
Die Bafin hat am 25. Juli 2024 erwartungsgemäß bestätigt, dass sie die ESMA-Leitlinien zu Fondsnamen in ihrer Verwaltungspraxis berücksichtigen wird. Diese werden die bisherige BaFin-Verwaltungspraxis zu nachhaltigen Investmentvermögen vollständig ablösen, die sich bislang auf die Nutzung von Nachhaltigkeitsbegriffen in den Namen deutscher Publikumsfonds beschränkt hatte. Für neue Fonds gilt dies ab sofort. Bei der Umstellung von Bestandsfonds mit Nachhaltigkeitsbezug auf die Anforderungen der ESMA-Leitlinien betrachtet die BaFin eine Anpassung der Anlagebedingungen in der Regel weder als eine Änderung der Anlagegrundsätze noch als eine anlegerbenachteiligende Änderung wesentlicher Anlegerrechte. Das schafft eine gewisse Rechtssicherheit. Die BaFin weist aber auch darauf hin, dass die ESMA-Leitlinien weiterhin ausfüllungsbedürftige unbestimmte Rechtsbegriffe enthalten. Die ausführliche Aufsichtsmitteilung der BaFin finden Sie hier, ein erläuterndes Interview mit Dr. Thorsten Pötzsch, Exekutivdirektor Wertpapieraufsicht/Asset-Management der BaFin, hier.
+++ Update vom 14. Mai 2024 +++
Die ESMA hat am 14. Mai 2024 die finalen Leitlinien veröffentlicht. Diese werden nun in die EU-Amtssprachen übersetzt und auf der Website der ESMA veröffentlicht. Drei Monate danach treten sie endgültig in Kraft und sind auf neu aufgelegte Fonds anzuwenden. Für zu diesem Zeitpunkt bereits existierende Fonds gibt es keinen umfassenden Bestandsschutz, sondern lediglich eine sechsmonatige Übergangsfrist. Marktteilnehmer sollten daher prüfen, ob sich für ihre Fonds aus den Leitlinien ein Änderungsbedarf ergibt.
Die neuen Vorgaben lassen sich tabellarisch wie folgt zusammenfassen:
+++ Update vom 14. Dezember 2023 +++
Am 14. Dezember hat die ESMA in einem öffentlichen Statement erklärt, die Leitlinien zu Fondsnamen vorerst zu verschieben, bis die Überarbeitung der AIFM- und OGAW-Richtlinien abgeschlossen ist (mehr dazu hier). Im Rahmen dieser Überarbeitung wird die ESMA auch ein Mandat zur Erarbeitung von Leitlinien erhalten, die klarstellen sollen, wann der Name eines AIF oder eines OGAW unklar, unfair oder irreführend ist. Die ESMA hat allerdings als Ergebnis der abgeschlossenen Konsultationen bereits einige Änderungen im Vergleich zu dem zur Konsultation gestellten Leitlinienentwurf in Aussicht gestellt:
- Fonds mit Nachhaltigkeitsbezug im Namen sollen nunmehr nicht dem harten Kriterium von mindestens 50% nachhaltigen Anlagen unterworfen werden. Stattdessen sollen Fonds „Bedeutsam/Meaningfully“ in nachhaltige Anlagen investieren, je nach Erwartungshaltung der Anleger, die durch den Fondsnamen geschürt wird.
- Die Begriffe „Impact“ oder „Transition“ sollen in Fondsnamen nur verwendet werden, wenn die positiven Auswirkungen durch den Fonds messbar sind.
- Daneben soll es spezielle Sonderregelungen für Fonds mit Namensbezug zu dem Begriff „Transition/Übergang“ und für solche Fonds geben, die soziale Merkmale bewerben.
Die Leitlinien sollen nach Inkrafttreten der Überarbeiteten AIFM- und OGAW-Richtlinien durch die ESMA veröffentlicht werden und drei Monate nach ihrer Veröffentlichung auf der ESMA-Website in allen offiziellen EU-Sprachen in Kraft treten. Manager müssen neue Fonds ab diesem Zeitpunkt leitlinienkonform benennen, für existierende Fonds ist eine sechsmonatige Übergangsphase geplant.
Der Name ist Programm. Das gilt wohl in besonderem Maße für Investmentfonds. Der Fondsname vermittelt regelmäßig den ersten Eindruck des Finanzprodukts und ruft beim potentiellen Anleger eine unmittelbare Vorstellung hervor, wie und in welche Assets der Fonds wohl investieren wird. Als Marketingtool prägt er die Entscheidungsfindung potentieller Anleger und nimmt im Rahmen des Fondsvertriebs eine wesentliche Rolle ein. In den vergangenen Jahren ist es in Mode gekommen, im Namen des Fonds auch „grüne“ bzw. ESG- oder nachhaltigkeitsbezogene Begriffe zu verwenden. Dies birgt aus Sicht der Aufsicht eine gesteigerte Gefahr des Greenwashings, also der ungerechtfertigten Behauptung eines ökologischen Nutzens des Investments.
Dem Greenwashing lässt sich schon jetzt auf vielfältige Weise begegnen. Die Offenlegungsverordnung (SFDR) und die Taxonomie-Verordnung haben Grundlegendes geleistet. Im Rahmen der SFDR spielt die Namensgebung bereits eine Rolle, beispielsweise bei der Kategorisierung des Fonds unter Artikel 8 oder 9 SFDR. Es gibt zudem zivil- und auch strafrechtliche Folgen des Greenwashings.
Die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) will nun die Fondsnamen noch einmal ausdrücklich und separat regulieren. Bereits am 31. Mai 2022 hatte sie in einem Supervisory Briefing empfohlen, dass ESG-Begriffe in Fondsnamen nur verwendet werden sollen, wenn sie sich auch in den Anlagezielen des Fonds widerspiegeln. Dies steht im Einklang mit den Vorgaben aus den OGAW- und AIFM-Richtlinien, nach denen Fondsmanager ehrlich, fair und sorgfältig arbeiten und die Fonddokumentation klar und nicht irreführend gestalten sollen.
Die ESMA stellte nun im November 2022 einen Leitlinienentwurf zur Verwendung ESG-bezogener Begriffe in Fondsnamen zur Konsultation. Mit ihrem Vorschlag will sie bei der Verwendung von Nachhaltigkeitsmerkmalen mehr Transparenz schaffen und dadurch Greenwashing eindämmen. Es soll erreicht werden, dass der Name eines Fonds unmissverständliche Schlüsse auf seine Anlagepolitik erlaubt. Angesichts einer deutlich steigenden Nachfrage nach Fonds mit Nachhaltigkeitsmerkmalen sollen irreführende Fondsbezeichnungen verhindert und zwingende Vorgaben für die Anlagepolitik der betreffenden Fonds geschaffen werden.
Die vorgeschlagenen Leitlinien richten sich an KVGen, EuVECA-, EuSEF- und ELTIF-Verwalter sowie deren zuständige Aufsichtsbehörden.
Klare Vorgaben der ESMA
Sie empfehlen für Fonds mit ESG- oder Nachhaltigkeitsbezug im Namen grundsätzlich, dass keine Investitionen in Unternehmen getätigt werden, die an Aktivitäten im Zusammenhang mit umstrittenen Waffen stehen oder in den Anbau bzw. die Produktion von Tabak involviert sind. Daneben dürfen die betreffenden Fonds ihre Einnahmen nur bis zu einem bestimmten Prozentsatz aus Geschäften mit Erdöl, Stein- und Braunkohle, gasförmigen Brennstoffen und emissionsintensiver Stromerzeugung erzielen.
Sodann stellt die ESMA überraschend eigene harte Anlagegrenzen auf. So darf ein ESG- oder „Impact“-Bezug im Fondsnamen hergestellt werden, wenn mindestens 80% der Investitionen verwendet werden, um die ökologischen oder sozialen Merkmale bzw. nachhaltigen Investitionsziele gemäß den verbindlichen Elementen der Anlagestrategie zu erfüllen. Nach Erhebung der ESMA betrifft eine solche Regelung derzeit über 4.000 in Europa ansässige Fonds, die allesamt ESG-Bezüge in ihren Namen aufweisen.
Soll der Begriff „nachhaltig/sustainable“ oder ein davon abgeleiteter Begriff im Fondsnamen verwendet werden, so greift eine noch weitreichendere Regelung. Neben dem Erreichen des beschriebenen 80%-Schwellenwerts, muss mindestens die Hälfte dieser Investments aus nachhaltigen Anlagen bestehen.
Ein Fonds, der mit „impact“, „impact investing“ oder einem davon abgeleiteten Begriff bezeichnet werden soll, muss beide vorgenannten qualitativen Schwellenwerte erreichen und darüber hinaus in der Absicht tätig werden, neben einer finanziellen Rendite auch positive und messbare soziale oder ökologische Auswirkungen zu erzielen. Eine nähere Definition dieser Absicht bleibt die ESMA allerdings schuldig.
So geht es nun weiter
Die Konsultation ist seit dem 20. Februar 2023 abgeschlossen. Verbandsseitig wurde zwar der Versuch begrüßt, EU-weit die Verwaltungspraxis zu harmonisieren. Insbesondere der Zeitpunkt der Leitlinien wird aber bemängelt, da die Kommission ihrerseits parallel Vorschläge zu ESG-Siegeln vorbereite.
Die finalen Leitlinien werden drei Monate nach ihrer Veröffentlichung in Kraft treten, bei einer sechsmonatigen Übergangsfrist für bereits existierende Fonds, in der diese entweder ihre Anlagen umstrukturieren oder ihren Namen ändern sollen. Es empfiehlt sich daher eine frühzeitige Analyse der eigenen strategischen Ausrichtung und gegebenenfalls eine Neujustierung.