
Der Name ist Programm. Das gilt wohl in besonderem Maße für Investmentfonds. Der Fondsname vermittelt regelmäßig den ersten Eindruck des Finanzprodukts und ruft beim potentiellen Anleger eine unmittelbare Vorstellung hervor, wie und in welche Assets der Fonds wohl investieren wird. Als Marketingtool prägt er die Entscheidungsfindung potentieller Anleger und nimmt im Rahmen des Fondsvertriebs eine wesentliche Rolle ein. In den vergangenen Jahren ist es in Mode gekommen, im Namen des Fonds auch „grüne“ bzw. ESG- oder nachhaltigkeitsbezogene Begriffe zu verwenden. Dies birgt aus Sicht der Aufsicht eine gesteigerte Gefahr des Greenwashings, also der ungerechtfertigten Behauptung eines ökologischen Nutzens des Investments.
Dem Greenwashing lässt sich schon jetzt auf vielfältige Weise begegnen. Die Offenlegungsverordnung (SFDR) und die Taxonomie-Verordnung haben Grundlegendes geleistet. Im Rahmen der SFDR spielt die Namensgebung bereits eine Rolle, beispielsweise bei der Kategorisierung des Fonds unter Artikel 8 oder 9 SFDR. Es gibt zudem zivil- und auch strafrechtliche Folgen des Greenwashings.
Die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) will nun die Fondsnamen noch einmal ausdrücklich und separat regulieren. Bereits am 31. Mai 2022 hatte sie in einem Supervisory Briefing empfohlen, dass ESG-Begriffe in Fondsnamen nur verwendet werden sollen, wenn sie sich auch in den Anlagezielen des Fonds widerspiegeln. Dies steht im Einklang mit den Vorgaben aus den OGAW- und AIFM-Richtlinien, nach denen Fondsmanager ehrlich, fair und sorgfältig arbeiten und die Fonddokumentation klar und nicht irreführend gestalten sollen.
Die ESMA stellte nun im November 2022 einen Leitlinienentwurf zur Verwendung ESG-bezogener Begriffe in Fondsnamen zur Konsultation. Mit ihrem Vorschlag will sie bei der Verwendung von Nachhaltigkeitsmerkmalen mehr Transparenz schaffen und dadurch Greenwashing eindämmen. Es soll erreicht werden, dass der Name eines Fonds unmissverständliche Schlüsse auf seine Anlagepolitik erlaubt. Angesichts einer deutlich steigenden Nachfrage nach Fonds mit Nachhaltigkeitsmerkmalen sollen irreführende Fondsbezeichnungen verhindert und zwingende Vorgaben für die Anlagepolitik der betreffenden Fonds geschaffen werden.
Die vorgeschlagenen Leitlinien richten sich an KVGen, EuVECA-, EuSEF- und ELTIF-Verwalter sowie deren zuständige Aufsichtsbehörden.
Klare Vorgaben der ESMA
Sie empfehlen für Fonds mit ESG- oder Nachhaltigkeitsbezug im Namen grundsätzlich, dass keine Investitionen in Unternehmen getätigt werden, die an Aktivitäten im Zusammenhang mit umstrittenen Waffen stehen oder in den Anbau bzw. die Produktion von Tabak involviert sind. Daneben dürfen die betreffenden Fonds ihre Einnahmen nur bis zu einem bestimmten Prozentsatz aus Geschäften mit Erdöl, Stein- und Braunkohle, gasförmigen Brennstoffen und emissionsintensiver Stromerzeugung erzielen.
Sodann stellt die ESMA überraschend eigene harte Anlagegrenzen auf. So darf ein ESG- oder „Impact“-Bezug im Fondsnamen hergestellt werden, wenn mindestens 80% der Investitionen verwendet werden, um die ökologischen oder sozialen Merkmale bzw. nachhaltigen Investitionsziele gemäß den verbindlichen Elementen der Anlagestrategie zu erfüllen. Nach Erhebung der ESMA betrifft eine solche Regelung derzeit über 4.000 in Europa ansässige Fonds, die allesamt ESG-Bezüge in ihren Namen aufweisen.
Soll der Begriff „nachhaltig/sustainable“ oder ein davon abgeleiteter Begriff im Fondsnamen verwendet werden, so greift eine noch weitreichendere Regelung. Neben dem Erreichen des beschriebenen 80%-Schwellenwerts, muss mindestens die Hälfte dieser Investments aus nachhaltigen Anlagen bestehen.
Ein Fonds, der mit „impact“, „impact investing“ oder einem davon abgeleiteten Begriff bezeichnet werden soll, muss beide vorgenannten qualitativen Schwellenwerte erreichen und darüber hinaus in der Absicht tätig werden, neben einer finanziellen Rendite auch positive und messbare soziale oder ökologische Auswirkungen zu erzielen. Eine nähere Definition dieser Absicht bleibt die ESMA allerdings schuldig.
So geht es nun weiter
Die Konsultation ist seit dem 20. Februar 2023 abgeschlossen. Verbandsseitig wurde zwar der Versuch begrüßt, EU-weit die Verwaltungspraxis zu harmonisieren. Insbesondere der Zeitpunkt der Leitlinien wird aber bemängelt, da die Kommission ihrerseits parallel Vorschläge zu ESG-Siegeln vorbereite.
Die finalen Leitlinien werden drei Monate nach ihrer Veröffentlichung in Kraft treten, bei einer sechsmonatigen Übergangsfrist für bereits existierende Fonds, in der diese entweder ihre Anlagen umstrukturieren oder ihren Namen ändern sollen. Es empfiehlt sich daher eine frühzeitige Analyse der eigenen strategischen Ausrichtung und gegebenenfalls eine Neujustierung.