ILPA hat in den vergangenen Monaten produktiv gearbeitet – und eine Reihe von Empfehlungen gegeben, die wichtig für die Private Equity Fondsstrukturierungspraxis sind. Dazu gehört u.a. das neue Prinzipien-Kompendium, genannt ILPA Principles 3.0. ILPA knüpft dabei an frühere Empfehlungen an und entwickelt diese weiter. Fondsmanager (GPs) und Fondsinvestoren (LPs) sind gut beraten, diese Empfehlungen näher anzuschauen – denn sie werden Einfluss auf die Ausgestaltung und Verhandlung von Fondsverträgen haben.
Wer ist ILPA?
ILPA steht für „Institutional Limited Partner Association”. Es ist die weltweit einflussreichste Interessenvertretung für die Belange von institutionellen Investoren im Bereich der alternativen Kapitalanlage. ILPA hat mehr als 500 Mitglieder aus mehr als 50 Ländern, die zusammen mehr als USD 2 Billionen Anlagen im Bereich von Private Equity verwalten.
ILPA versteht die eigene Rolle dahingehend, dass man Investoren und den Markt informieren und das Verständnis für Investorenbelange schärfen möchte. ILPA hat sich zugleich zum Ziel gesetzt, eine „Best Practice“ aus Investorensicht für Fondsinvestments zu etablieren. Dazu gehören verschiedene Publikationen, wie z.B. Muster-Reportings für Kapitalabrufe und -auszahlungen sowie Quartalsberichte (2011), Muster-Darstellungen für Gebühren, Kosten und Carried Interest (2016), Muster-Fragebögen für Due Diligence (2018), Empfehlungen zu aktuellen Einzelfragen (Einsatz von Kreditlinien [2017] und sog. GP-led Secondaries [2019]) sowie neuerdings auch Muster-Verträge.
Die wichtigste ILPA-Publikation sind jedoch die ILPA-Prinzipien – eine Reihe von Empfehlungen für die Ausgestaltung von Fondsverträgen. ILPA hat diese erstmals im September 2009 (ILPA Principles 1.0) und dann im Januar 2011 (IPA Principles 2.0) veröffentlicht. Dies fiel damals in die Zeit der Finanzkrise. Seitdem hat sich nicht nur die Dynamik des Kräfteverhältnisses zwischen GPs und LPs hin zu Fondsmanagern erheblich verschoben. Zudem sind in der täglichen Fondspraxis eine Reihe von wichtigen Entwicklungen hinzugekommen, die in früheren Empfehlungen noch nicht thematisiert wurden.
ILPA Prinzipien 3.0
Daher wurde es von der Asset Management Industrie begrüßt, als Pläne bekannt wurden, dass ILPA nach mehrjähriger Pause beabsichtigt, die bisherigen Empfehlungen zu aktualisieren. Ende Juni 2019 war es dann soweit: Die neuen ILPA Prinzipien (ILPA Principles 3.0) wurden veröffentlicht. ILPA hat den Grundaufbau von früheren Prinzipien unverändert gelassen. Die Empfehlungen gliedern sich in drei Prinzipien: Interessengleichlauf zwischen GPs und LPs, Governance und Transparenz.
Interessengleichlauf
Oberstes Ziel von ILPA ist es, Fondsverträge so zu entwerfen, dass ein Interessengleichlauf zwischen GPs und LPs erreicht wird. Dies betrifft insbesondere die Ausgestaltung der Fund Economics. Besonders hervorzuheben sind dabei eine erhebliche Eigenbeteiligung der GPs am Fondskapital – um sicherzustellen, dass GPs und LPs „im gleichen Boot sitzen“. Im Wesentlichen wiederholen die Principles 3.0 die bereits vorher aufgestellten Empfehlungen. Zu den neuen Aspekten gehören u.a.:
- Carry Clawback (d.h. Rückzahlungsverpflichtung bei zu viel ausgezahltem Carried Interest): alle Rückzahlungen sollen auf Vorsteuerbeträge abstellen (so bereits bei Principles 1.0) und spätestens innerhalb von zwei Jahren nach Bestehen der Verpflichtung beglichen werden;
- Vorzugsrendite (preferred return): soll ab dem Zeitpunkt berechnet werden, ab dem das Zeichnungskapital der Investoren „im Risiko“ ist. Beim Einsatz einer Kreditfazilität bedeutet dies, dass nicht erst auf den Zeitpunkt des Kapitalabrufs bei Investoren, sondern bereits auf den Zeitpunkt abgestellt werden soll, zu dem die Kreditfazilität mit noch nicht abgerufenem Zeichnungskapital der Investoren besichert wird;
- Beteiligungen an GP: ausdrückliche Offenlegungspflicht für Änderungen im Eigentümerbestand des GPs bzw. der Managementgesellschaft, insbesondere bei Übertragung an Dritte (auch in Bezug auf Carry-Berechtigung). Diese Empfehlung adressiert den zunehmend zu beobachtenden Trend der Eingehung von Minderheitsbeteiligungen von spezialisierten Investoren an Fondsmanagementgesellschaften.
Governance
Aufgabe der Fund Governance ist es, das Kräfteverhältnis zwischen GPs und LPs in Balance zu halten. Hierzu finden sind folgende neue Aspekte:
- Beschränkung des freien Ermessens des GPs: ILPA betont die fiduziarischen Pflichten des GPs gegenüber dem Fonds und widersetzt sich Bestrebungen (insbes. bei US-Fonds), diese vertraglich auszuschließen.
- Aussetzung bzw. Beendigung der Investitionsperiode (No Fault Suspension/Termination): einfache Mehrheit (statt 2/3-Mehrheit) der Investoren soll nunmehr ausreichen.
- Abwahl des GPs ohne Fehlverhalten (No Fault Divorce): Erfordernis einer niedrigeren qualifizierten Mehrheit des Investorenkapitals (2/3-Mehrheit statt 75%-Mehrheitserfordernis).
- Investorenbeirat: ILPA wertet den Investorenbeirat mit detaillierten Vorschlägen weiter auf.
- Änderung des Gesellschaftsvertrages: Erfordernis einer qualifizierten Mehrheit des Investorenkapitals (ohne Konkretisierung des Mehrheitserfordernisses); vorher hatte ILPA mit Ausnahme besonderer Punkte eine einfache Mehrheit für Änderungen des Fondsvertrages für ausreichend angesehen.
- GP-initiierte Sekundärtransaktionen (GP led secondary transactions): es finden sich Empfehlungen zur Einbindung der Investoren und des Investorenbeirats, Veröffentlichungen/Transparenz, Strukturierung des Verfahrens und den an der Transaktion beteiligten Beratern.
- Co-Investments: GPs sollen Grundsätze für Verteilung von Co-Investments bei Fondserrichtung offenlegen.
Transparenz
Ein transparentes Berichtswesen der Fonds wird immer wichtiger. ILPA betont dabei:
- Management Fee / sonstige Kosten: Eine Reihe von detaillierten Vorschlägen betreffen die Berechnung der Management Fee und die Offenlegung Kostenregelungen (fair and not misleading). Angesichts der wachsenden Aufmerksamkeit, die auch Aufsichtsbehörden der detaillierten Darstellung der Kostenverteilung zwischen Fonds und Management gewidmet haben, überrascht dies nicht.
- Kreditfazilitäten: ILPA wiederholt die bereits bei der Einzelempfehlung aus 2017 gemachten Empfehlungen.
- ESG Policies & Reporting: ILPA empfiehlt die regelmäßige Aktualisierung der ESG-Leitlinien des GPs. Die Beratungskosten im Zusammenhang mit ESG Due Diligence sollen entweder von der Management Fee oder den Portfoliogesellschaften selbst getragen werden.
Von den ILPA Prinzipien 3.0 zum ILPA Model LPA
Anders als bei den früheren Fassungen der ILPA-Prinzipien hat es ILPA nicht bei eher allgemein gehaltenen Empfehlungen belassen, sondern konkrete Vertragsklauseln vorgeschlagen. Im Dezember 2017 hatte ILPA bereits einen Muster-Zeichnungsvertrag (Model Subscription Agreement) für Private Equity Fonds veröffentlicht. Ende Oktober 2019 veröffentlichte ILPA einen ersten Muster-Fondsvertrag (Model Limited Partnership Agreement). Der Vertrag baut auf den ILPA-Prinzipien auf und konkretisiert diese anhand von detaillierten Vertragsregeln. Einzelheiten dazu werden in einem weiteren Newsletter dargestellt werden.
Fazit
Es ist zu begrüßen, dass die ILPA-Prinzipien aktualisiert wurden. Die Änderungen an den bestehenden Empfehlungen betreffen dabei nur einzelnen Details (Evolution statt Revolution). Eine Reihe von Entwicklungen der vergangenen Jahre (Sekundärtransaktionen, ESG, Kreditfazilitäten) hatten in 2011 bei der vorherigen Fassung der ILPA-Prinzipien allerdings nur eine untergeordnete Rolle gespielt. Investoren begrüßen die nun sehr viel detaillierteren Empfehlungen zu diesen in der Praxis sehr wichtigen Punkten. Eine Reihe von ebenso wichtigen Punkten (z.B. Umgang mit der wachsenden Zahl von Side Letter Anfragen) wurde hingegen von ILPA nicht oder nur kurz aufgegriffen. Festzuhalten bleibt zudem auch, dass die ILPA-Prinzipien eine aus Investorensicht wünschenswerte Best Practice darstellt – die in Einzelaspekten vom derzeitigen Marktstandard abweicht. Damit bieten die ILPA-Prinzipien (insbesondere auch im Zusammenspiel mit dem Model LPA) eine wichtige Orientierung für Investoren bei Fondsklauseln, zugleich können sie aber – aus GP-Sicht – nur den Anfang und nicht das Ende bei Vertragsverhandlungen bedeuten.
Es sieht im Übrigen so aus, als ob ILPA auch in 2020 mit hohem Tempo fortfährt. Ende Januar gab es die erste ILPA-Konferenz in Frankfurt am Main, anschließend eine weitere in London. ILPA hat deutlich gemacht, dass zunehmend auch Investoren aus Europa als Mitglieder gewonnen werden sollen. Dabei gehen ILPA die Themen nicht aus: Ende Februar hat ILPA eine „Diversity and Inclusion Roadmap“ für die Private Equity Industrie veröffentlicht. Die weitere Entwicklung bleibt spannend.
P.S.: Das Thema Diversity gewinnt auch in bei der Private Equity Industrie Deutschland immer mehr an Bedeutung. Im März wurden in Frankfurt am Main die Gewinner der inauguralen „PE Diversity Awards“ verkündet.
Der Beitrag ist zuerst im WM Private Equity Newsletter erschienen. Die Zweitveröffentlichung im PE-Magazin erfolgt mit freundlicher Genehmigung.