
Private Debt umschreibt die Bereitstellung von Fremdkapital – z. B. an Unternehmen – ohne Einschaltung der Kapitalmärkte. Neben Banken treten verstärkt Nicht-Banken, also institutionelle Investoren wie z. B. Versicherer oder auch Kreditfonds, die entweder in unverbriefte Darlehensforderungen investieren oder sogar selbst Darlehen vergeben, in Erscheinung.
Auf Nachhaltigkeit ausgerichtete Portfolios überstehen die aktuelle Krise besser als traditionelle Portfolios. Nachhaltigkeit bedeutet eben nicht nur Klimaschutz (auch wenn dieser tatsächlich im Fokus der gesetzgeberischen Aktivitäten steht), sondern die Beachtung der gesamten Bandbreite nichtfinanzieller Risiken. Es darf davon ausgegangen werden, dass Investoren in der Zukunft noch viel mehr auf die Nachhaltigkeit ihrer Investitionen achten werden. Im Fall von Private Equity-Fonds dürfte also die ESG-Compliance der Portfoliogesellschaften weiter an Bedeutung gewinnen.
Eine der bisher größten Schwierigkeiten bei der Bewertung der ESG-Compliance waren die fehlenden einheitlichen Bewertungsmaßstäbe für Investoren, aber auch für die Fondsmanager selbst, soweit sie dazu Angaben in ihren Berichten und vorvertraglichen Informationen gemacht haben. Dies ändert sich nun unter anderem durch die auf EU-Ebene eingeführte Offenlegungsverordnung zum Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken, die noch in der gesetzgeberischen Pipeline befindliche Taxonomie-Verordnung zur Bewertung der Nachhaltigkeit von Wirtschaftstätigkeiten und nicht zuletzt durch das nur in Deutschland relevante Merkblatt der BaFin zum Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken.
ESG-Offenlegungsverordnung
Die Verordnung (EU) 2019/2088 vom 27. November 2019 über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten im Finanzdienstleistungssektor („Offenlegungs-VO“) vereinheitlicht Berichtspflichten für Finanzmarktteilnehmer und Finanzberater hinsichtlich der Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsrisiken. So sollen Informationsasymmetrien abgebaut und die Vergleichbarkeit von Finanzprodukten in Bezug auf ihre Umwelt-, Sozial- und Unternehmensführungsrisiken sowie auf nachhaltige Investitionsziele verbessert werden.
„Finanzmarktteilnehmer“ im Sinne der Offenlegungs-VO umfasst u. a. Versicherungsunternehmen, Kapitalverwaltungsgesellschaften, Portfolioverwalter, institutionelle Investoren und Anbieter von Pensionsprodukten.
Grundsätzlich müssen alle Finanzmarktteilnehmer auf ihrer Webseite und in vorvertraglichen Informationen darlegen, wie sie im Rahmen ihrer Anlageentscheidungsprozesse und ihres Risikomanagements Nachhaltigkeitsrisiken berücksichtigen. Finanzmarktteilnehmer, welche nachhaltige Finanzprodukte anbieten, müssen zudem in ihren regelmäßigen Berichten zum Beispiel Angaben zur Gesamtnachhaltigkeitswirkung des Finanzprodukts oder zum Umfang der Erfüllung ökologischer oder sozialer Merkmale des Finanzprodukts veröffentlichen. Die Offenlegungs-VO ist am 29. Dezember 2019 in Kraft getreten und gilt im Wesentlichen ab 10. März 2021.
Taxonomie-Verordnung
Ziel der noch nicht in Kraft getretenen zukünftigen EU-Verordnung über die Einrichtung eines Rahmens zur Erleichterung nachhaltiger Investitionen („Taxonomie-VO“) ist die Vorgabe verbindlicher Begrifflichkeiten zur Bestimmung des Grades ökologischer Nachhaltigkeit von Finanzprodukten. Damit soll unter anderem bewirkt werden, dass Anleger erkennen können, inwieweit ein Finanzprodukt tatsächlich ökologisch nachhaltig ist oder ob es durch den Emittenten als „grün“ oder „nachhaltig“ beworben wird, obwohl es in Wirklichkeit grundlegenden Umweltstandards nicht entspricht (sog. Greenwashing). Des Weiteren soll dies den Endanlegern ermöglichen, ESG-Merkmale verschiedener Finanzprodukte zu vergleichen.
Die Taxonomie-VO wird insbesondere für Finanzmarktteilnehmer im Sinne der Offenlegungs-VO sowie für Maßnahmen der Mitgliedstaaten oder der Union gelten, welche Anforderungen an Finanzmarktteilnehmer in Bezug auf nachhaltige Finanzprodukte festlegen.
Der Grad der ökologischen Nachhaltigkeit des Finanzprodukts ergibt sich aus dem Umfang der finanzierten ökologisch nachhaltigen Wirtschaftstätigkeiten. Eine Wirtschaftstätigkeit gilt als ökologisch nachhaltig im Sinne der Taxonomie-VO, sofern sie einen wesentlichen Beitrag zur Verwirklichung mindestens eines der folgenden Umweltziele beiträgt: (a) Klimaschutz, (b) Anpassung an den Klimawandel, (c) Schutz von Wasser- und Meeresressourcen, (d) Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft, (e) Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung und (f) Schutz der Biodiversität und der Ökosysteme. Des Weiteren darf die Wirtschaftstätigkeit nicht zu einer erheblichen Beeinträchtigung eines Umweltzieles führen, muss Mindestarbeitsschutzkriterien einhalten und im Einklang mit den noch festzulegenden technischen Evaluierungskriterien in Bezug auf die Umweltziele stehen.
Finanzprodukte anbietende Finanzmarktteilnehmer werden grundsätzlich verpflichtet sein, in ihren vorvertraglichen Informationen und regelmäßigen Berichten offenzulegen, inwieweit mit einem Finanzprodukt in ökologisch nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten investiert wird. Es ist zwar für die Anbieter von nicht als „nachhaltig“ bezeichneten bzw. beworbenen Produkten möglich, diese Pflicht durch Angabe eines konkret vorgeschriebenen Warnhinweises zu erfüllen, allerdings kann davon ausgegangen werden, dass diese Vorgehensweise mittel- und langfristig vom Markt nicht mehr akzeptiert wird. Im Dezember 2019 wurde eine politische Einigung zwischen dem Europäischen Parlament und dem Rat erreicht und die Verabschiedung der Taxonomie-VO wird dieses Jahr erwartet.
BaFin-Merkblatt zum Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken
Um eine Orientierung im Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken zu geben, hat die BaFin am 20. Dezember 2019 ein Merkblatt veröffentlicht. Das Merkblatt beinhaltet keine neuen Pflichten in Bezug auf Nachhaltigkeitsrisiken. Den zentralen Punkt bildet der Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken im Rahmen des Risikomanagements. Nachhaltigkeitsrisiken sind nicht als separate Risikoart zu verstehen, sondern als Teilaspekt bereits bekannter Risikoarten. Unter anderem sollten im Rahmen des Risikomanagementsystems die Aufgaben, Verantwortlichkeiten und der zeitliche Rahmen für die Identifizierung, Beurteilung, Steuerung, Überwachung und Berichterstattung von Nachhaltigkeitsrisiken klar definiert und die gewählten Methoden regelmäßig überprüft werden. Zur Illustrierung führt die BaFin zahlreiche Beispiele und Leitfragen an, um den beaufsichtigten Unternehmen ein Kompendium sinnvoller Verfahrensweisen (Good Governance) zur Verfügung zu stellen.
Fazit
Auch wenn die Corona-Krise nachvollziehbarerweise viele bedeutende Themen in den Hintergrund hat treten lassen, ist es jetzt langsam an der Zeit, bei diesen Themen wieder anzuknüpfen. Gerade die Nachhaltigkeit von Wirtschaftstätigkeiten (widerstandsfähiger Lieferketten, Schutz von Arbeitnehmern etc.) wird durch die aktuelle Krise wohl noch wichtiger für Investoren werden. Und weil es gleichzeitig neue Vorgaben zur Darstellung des Umgangs mit Nachhaltigkeitsrisiken gibt, lohnt sich die Beschäftigung mit dem Thema gerade jetzt.
Dieser Beitrag ist erstmals erschienen in: Intelligent Investors, 01/2020, 65-66
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Unter dem Titel „ESG quo vadis? Herausforderungen, Chancen und Lösungsansätze für PE-Fonds und Investoren durch neue EU ESG-Regeln“ gab Dr. Robert Eberius (P+P Pöllath + Partners) im Rahmen der MUPET 2020 einen Einblick in die aktuelle Diskussion. Hier geht’s zum Video-Vortrag.
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