
Beteiligungen an geschlossenen Fonds sind attraktive Kapitalanlagen für institutionelle Investoren. Sie haben aber im Vergleich zu vielen anderen Anlagemöglichkeiten einen Nachteil: Sie sind grundsätzlich illiquide. Seit der Finanzkrise 2008/09 hat sich aber ein stark wachsender Sekundärmarkt entwickelt, um den „Pferdefuß“ der Illiquidität zu kompensieren. Krisenzeiten sind oft durch erhöhte Unsicherheiten über die Zukunft und damit erhöhten Liquiditätsbedarf geprägt. Daher suchen in der derzeitig noch andauernden, durch COVID-19 bedingten Krisensituation Investoren verstärkt nach Liquiditätsoptionen. Gleichzeitig benötigen Fondsmanager oftmals mehr Zeit und teilweise auch frisches Kapital, um das Portfolio ihrer Fonds zu stabilisieren und besser zu entwickeln. Zugleich gibt es viele Investoren, die die oftmals reduzierten Unternehmensbewertungen als attraktive Investitionschance sehen. Für all diese Interessen bieten Sekundärtransaktionen (secondaries) Lösungen, indem bestehende „gebrauchte“ Fondsbeteiligungen verkauft werden. Inzwischen besteht der Sekundärmarkt aus einer reichhaltigen „Toolbox“ an Strukturen und Instrumenten, die vielfältige, maßgeschneiderte Liquiditätslösungen ermöglichen.
Zusammenfassung
- Der Bereich der Sekundärtransaktionen von geschlossenen Fondsbeteiligungen hat sich über die Jahre zu einem eigenständigen Markt entwickelt, der insbesondere im Bereich Private Equity und Venture Capital sehr gereift und von hohen Transaktionsvolumina geprägt ist.
- Traditionell wurden Sekundärtransaktionen durch die Investoren selbst angestoßen. Mittlerweile haben sich auch Transaktionsstrukturen etabliert, bei denen die Fondsmanager selbst treibende Kraft sind. Die Beweggründe und Ausgestaltungen sind dabei vielfältig. Ausschlaggebend dürfte häufig der Vorteil sein, den Investoren vorzeitige Liquiditätsoptionen in einem höchst illiquiden Markt zu verschaffen.
- Im Gegensatz zu typischen M&A-Transaktionen verfügen Sekundärtransaktionen von geschlossenen Fondsbeteiligungen über eigene Marktstandards. Aufgrund der Komplexität und der Vielzahl der involvierten Parteien ist eine tiefgreifende Expertise und Kenntnis der Besonderheiten unter Einschaltung spezialisierter Rechtsberater erforderlich. Dies betrifft neben den wirtschaftlichen Aspekten insbesondere auch die rechtlichen und steuerlichen Aspekte.
- Die Corona-Krise bringt wirtschaftliche Unsicherheiten für die Zukunft und damit Bewertungsunsicherheiten für Portfolio-Gesellschaften und Fonds. Es stehen verschiedene rechtliche Instrumente (earn outs, deferred payments, MAC-Klauseln) zur Verfügung, um diese Unsicherheiten abzufedern und auch in Corona-Zeiten Transaktionen zu ermöglichen.
Begriff und Marktentwicklungen
Geschlossene Fondsbeteiligungen sind von ihrer strukturellen Natur her höchst illiquide. Investoren verpflichten sich mit ihrer verbindlichen Kapitalzusage, dem Fonds über seine mehrjährige Laufzeit hinweg (im Bereich Private Equity regelmäßig zehn bis zwölf Jahre zzgl. etwaiger Verlängerungen) auf Abruf bestimmte Geldbeträge im Rahmen der zugesicherten Kapitalzusage zur Verfügung zu stellen, und müssen davon ausgehen, dass Kapitalrückflüsse grundsätzlich nicht vor Beendigung der Laufzeit erfolgen (vorbehaltlich zwischenzeitlicher Ausschüttungen).
Um in diesem illiquiden Umfeld Optionen für Investoren zu schaffen, ihre Beteiligungen am Fonds bereits vor Ablauf der Laufzeit veräußern zu können, hat sich der Markt der sog. Sekundärtransaktionen in den vergangenen Jahren stark entwickelt. Sekundärtransaktionen in Bezug auf Fondsbeteiligungen (fund secondaries) sind eine Art Zweiterwerb einer Fondsbeteiligung von einem Verkäufer, der die Beteiligung üblicherweise bei der Erstausgabe im Rahmen der Errichtung des Fonds erworben hat. Hintergrund der Illiquidität von geschlossenen Fondsbeteiligungen ist häufig, dass die Anlagen des Fonds selbst regelmäßig höchst illiquide sind und es daher zu Liquiditätsproblemen auf Ebene des Fonds kommen würde, wenn ein Investor jederzeit die Rücknahme seiner Fondsbeteiligung durch die Fondsgesellschaft verlangen könnte.
Gerade im Bereich von Private Equity Fonds ist dies gut darstellbar: Ein Private Equity Fonds investiert in Portfoliounternehmen und erwirbt an diesen eine Eigenkapitalbeteiligung. Wenn nun ein Investor des Private Equity Fonds seine Beteiligung am Fonds zurückgeben würde (und sein eingesetztes Kapital zurückverlangt), müsste der Private Equity Fonds möglicherweise ein von ihm erworbenes Portfoliounternehmen veräußern. Dass dies bei (nicht börsennotierten, d. h. privaten) Portfoliounternehmen weder wirtschaftlich noch praktisch sinnvoll möglich ist, liegt dabei auf der Hand. Anders wäre dies bspw. bei einem typischen Aktienfonds zu bewerten, der bei Rückgabeverlangen eines Investors einfach einen Teil der von ihm gehaltenen und öffentlich gehandelten börsennotierten Aktien veräußert, um dem Rückgabeverlangen seines Investors nachzukommen.
Der Markt für Sekundärtransaktionen ist (mit wenigen Ausnahmen) sehr informell, d. h., es gibt i. d. R. keinen öffentlichen Handel mit den Beteiligungen. Käufer und Verkäufer finden daher entweder auf Vermittlung des jeweiligen Fonds selbst oder mit Hilfe von sog. Intermediären zusammen. Als Käufer kommen regelmäßig Mitinvestoren in dem jeweiligen Fonds sowie auf den Sekundärerwerb von Fondsbeteiligungen spezialisierte Dachfonds (secondary funds) in Betracht.
Der Markt für Sekundärtransaktionen bei geschlossenen Fondsbeteiligungen hat sich in letzten Jahren rasant entwickelt. Lag das Transaktionsvolumen vor gut zehn Jahren weltweit noch bei etwa zehn Mrd. US-Dollar, ist dieses im vergangenen Jahr auf rund 88 Mrd. US-Dollar gewachsen. War der Markt zunächst von vornehmlich investoreninitiierten Transaktionen (LP-led transactions) geprägt, haben mittlerweile auch die Fondsmanager selbst die Vorzüge von Sekundärtransaktionen erkannt und führen vermehrt fondsmanagerinitiierte Transaktionen (GP-led transactions) durch.
Besondere Herausforderungen durch Corona
Die wirtschaftlichen Verwerfungen durch die Corona-Krise betreffen die Zielunternehmen von Fonds und damit auch die Ertragsaussichten von Fondsbeteiligungen. Die größten Untersicherheiten bestehen dabei in Bewertungsfragen. Dies hat dazu geführt, dass in den ersten Monaten der Corona-Krise (insbesondere im März/April 2020) viele Transaktionen zunächst angehalten wurden. Seit Mai hat sich das Geschäft wieder belebt. Es bestehen aber immer noch regelmäßig abweichende Bewertungsvorstellungen von Käufern und Verkäufern (sog. bid ask spread). Zugleich ist die Corona-Krise zunächst eine Krise der operativen Unternehmen, die teilweise im Lockdown keine Produkte herstellen bzw. vertreiben konnten oder mit unterbrochenen Lieferketten zu kämpfen hatten. Anders als die Finanzkrise von 2008/09 handelt es sich (bislang) nicht um eine Liquiditätskrise, wenn es auch in Krisenzeiten immer einen Trend zu liquiden Anlagen gibt. Dadurch kam es bislang nur zu vereinzelten Notverkäufen. Es gibt es einige Instrumente (earn outs, deferred payments, MAC Klausel), die den Parteien bei Sekundärtransaktionen mehr Transaktionssicherheit geben.
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Sekundärtransaktionen in Corona-Zeiten, Recht der Finanzinstrumente 3.2020, 178-185
Dieser Beitrag ist erstmals erschienen in: Recht der Finanzinstrumente 3.2020, S. 178-185, 14. September 2020