Die regulatorischen Rahmenbedingungen für Private Debt-Fonds werden neben den hinsichtlich der Darlehensvergabe zu beachtenden bankaufsichtsrechtlichen und den fondsseitig geltenden investmentrechtlichen Bestimmungen nicht zuletzt auch vom für die jeweiligen Investoren geltenden Investorenaufsichtsrecht (Versicherungsaufsichtsgesetz, Anlageverordnung, Capital Requirements Regulation) geprägt. Während zum Beispiel für deutsche Pensionskassen und Versorgungswerke die Anlageverordnung mit ihren Voraussetzungen für eine Sicherungsvermögensfähigkeit und Regeln zur Anrechnung von Kapitalanlagen auf bestimmte Streuungs- und Mischungsquoten sowie unter anderem das sich darauf beziehende BaFin-Rundschreiben 11/2017 (VA) zu berücksichtigen sind, genießen Solvency II-Investoren vorbehaltlich des Grundsatzes der unternehmerischen Vorsicht (Prudent Person Principle, § 124 VAG) grundsätzliche Anlagefreiheit.
Ein wichtiger regulatorischer Aspekt für Solvency II-Investoren sind jedoch die Auswirkungen einer Kapitalanlage auf die Höhe des zur Deckung aller Risiken des Investors erforderlichen Eigenkapitals, welche neben der Mindestkapitalanforderung vor allem als sogenannte Solvabilitätskapitalanforderung (SCR) ausgewiesen wird. Bisher gehörte Private Debt mangels externen Ratings häufig zu den im Hinblick auf den SCR-Wert eher teuren Anlagen. Der europäische Gesetzgeber hat mit der Delegierten Verordnung (EU) 2019/981 unter anderem die Regeln zur Ermittlung der Solvabilitätskapitalanforderung weiterentwickelt. Die Änderungen wirken sich auch auf Anlagen in Private Debt-Fonds aus. So wurden zum einen die Regeln zur Durchschau für Zwecke der Ermittlung der erforder-lichen Eigenmittelunterlegung (sogenannter Lookthrough-Ansatz, vgl. Art. 84 der Delegierten Verordnung (EU) 2015/35) weiterentwickelt, zum anderen wurde die Möglichkeit geschaffen, unter bestimmten Voraussetzungen auf interne Ratings beziehungsweise von Co-Investoren bereitgestellte Ratings zurückzugreifen.
Weiterentwicklung des Lookthrough-Ansatzes
Für Beteiligungen an Organismen für gemeinsame Anlagen und anderen Anlagen in Fondsform werden die Eigenmittelanforderungen grundsätzlich je nach Datenverfügbarkeit auf Grundlage der dem Vehikel zugrunde liegenden Vermögenswerte (Lookthrough-Ansatz) oder der Zielallokation der Basiswerte ermittelt.
Neu eingeführt wurde die Möglichkeit, die Eigenmittelanforderungen auch auf der Grundlage der letzten vom Vehikel gemeldeten Basiswertallokation zu berechnen, falls die Zielallokation der Basiswerte nicht bekannt ist. Für die Berechnung anhand der Zielallokation der Basiswerte oder der zuletzt gemeldeten Basiswertallokation ist es erforderlich, dass die Basis werte entsprechend der Zielallokation beziehungsweise der zuletzt gemeldeten Basiswertallokation verwaltet werden und nicht erwartet wird, dass Risikopositionen und Risiken auf kurze Sicht wesentlichen Schwankungen unterworfen sind.
Zusätzlich ist jetzt eine eigene Beurteilung des Versicherungsunternehmens notwendig, ob dieser vereinfachte Ansatz der Art, dem Umfang und der Komplexität der betreffenden Risiken angemessen ist. Mangels Verfügbarkeit von Informationen kann es erforderlich sein, die Beteiligung an einem Fonds insgesamt in das Aktienrisikountermodul einzuordnen, obwohl der Fonds in Private Debt angelegt ist.
Neuerungen für die Ermittlung des Stressfaktors bei Unrated Debt
Die Eigenmittelanforderungen im Zusammenhang mit Private Debt-Investments ergeben sich aus einem nach den Regeln für das Spread-Risiko innerhalb des sogenannten Marktrisikomoduls ermittelten Stressfaktor. Dieser hing neben der Duration bisher im Wesentlichen von der jeweiligen Bonitätseinstufung durch eine anerkannte Ratingagentur oder gegebenenfalls vom Schuldner gestellten Sicherheiten ab. Ohne externes Rating und Sicherheiten gilt grundsätzlich ein vergleichsweise hoher Stressfaktor.
Einsatz eigener Bonitätsbewertungen
Mit dem Ziel, Investitionen von Versicherern in Private Debt zu erleichtern, wurden durch die Delegierte Verordnung (EU) 2019/981 Kriterien festgelegt, die es ermöglichen, Fremdkapitalinstrumente, für die kein Rating einer anerkannten Ratingagentur verfügbar ist, auf der Grundlage der eigenen internen Ratings des Versicherungsunternehmens den Bonitätsstufen zwei oder drei zuzuordnen und damit letztlich mit einem niedrigeren Stressfaktor anzusetzen, als dies grundsätzlich für nicht geratete Forderungen gilt.
Die neue Berechnung der Solvabilitätskapitalanforderungen für das Spread-Risiko anhand einer internen Bonitätsbewertung ist aber an mehrere qualitative und quantitative Voraussetzungen geknüpft. Neben Anforderungen an die Qualifikation des Schuldners muss auch die Forderung selbst bestimmte Merkmale aufweisen. Sie darf zum Beispiel im Grundsatz nicht als nachrangige Schuldverschreibung ausgestaltet sein. Darüber hinaus muss auch die eigene intern vorgenommene Bonitätsbewertung selbst bestimmten Anforderungen genügen. Das Versicherungsunternehmen muss bei der Bonitätsbewertung unter anderem alle Faktoren berücksichtigen, die das mit der Schuldverschreibung verbundene Kreditrisiko wesentlich beeinflussen können, wie zum Beispiel Wettbewerbspositionen, Qualität des Managements und Finanzierungsleitlinien des Emittenten sowie dessen bisherige Finanzergebnisse, die Größe und den Diversifizierungsgrad seiner Tätigkeit sowie die Beteiligungsstruktur und Komplexität seines Geschäftsmodells. Zudem gelten zum Beispiel auch im Hinblick auf eine angemessene Dokumentation der verwendeten Informationen sowie einer regelmäßigen Überprüfung der internen Bonitätsbewertung bestimmte Voraussetzungen. Daneben sind bestimmte Kriterien betreffend die Rendite der aktuell und historisch aufgenommenen Fremdmittel zu beachten. Abhängig von der relevanten Rendite erfolgt schließlich – wenn auch die vorher genannten Voraussetzungen erfüllt sind – eine Zuordnung zur Bonitätsstufe zwei oder drei. Auch wenn die Ermittlung des Spread-Risikos anhand der internen Bonitätsbewertung mit relativ hohem Mehraufwand verbunden ist, kann sich die Methode der internen Bonitätsbewertung bei fehlendem externem Rating insbesondere bei größerer Ticketgröße rechnen. Maßgeblich ist dann, ob die für die interne Beurteilung erforderlichen Daten verfügbar sind.
Verwendung der Bonitätsbewertung von Co-Investoren
Neben der Möglichkeit der eigenen internen Bonitätsbewertung wurde für Fälle, in denen Versicherungsunternehmen mit einem Kreditinstitut, einer Wertpapierfirma oder einem anderen Versicherungsunternehmen in Anleihen oder Darlehen co-investieren, für die es kein externes Rating gibt, die Möglichkeit geschaffen, zur Berechnung der Solvenzkapitalanforderung die Ergebnisse des genehmigten, auf internen Ratings basierenden Ansatzes dieses Kreditinstituts, dieser Wertpapierfirma oder dieses Versicherungsunternehmens zu verwenden, wenn sich dessen oder deren Hauptsitz im Europäischen Wirtschaftsraum befindet.
Fazit
Die Rahmenbedingungen für das Engagement von Solvency II-Investoren im Bereich der alternativen Kapitalanlagen sind weiter im Fluss. Investoren sollten sich ergebende Optionen für die regulatorische Erfassung ihrer Kapitalanlagen im Blick behalten. Für das Jahr 2020 ist ein umfassender Review der Solvency II-Richtlinie geplant. Versicherungsunternehmen und Fondsinitiatoren sollten sich frühzeitig auf Änderungen vorbereiten und entsprechende Risiken adressieren.
Dieser Beitrag ist erstmals erschienen in: VentureCapital Magazin, 10-2019, S. 26-27
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