
Grundlegende Umwälzungen gab es 2019 nicht und sind auch für 2020 nicht zu erwarten – wohl aber Änderungen in vielen Einzelfragen, die Licht und Schatten zeigen: EuVECA hat sich als attraktiv erwiesen, verliert durch den Brexit aber einen wichtigen Teilmarkt; Pre-Marketing und Reverse Solicitation werden europaweit deutlich strenger reguliert. In Deutschland hat sich die Besteuerung des Carried Interest aus gewerblichen Venture Capital Fonds verbessert, aber bei der zentralen Frage der Umsatzsteuer auf die Management Fee ist kaum Bewegung zu verzeichnen.
EuVECA auf der Erfolgsspur – Aber schadet der Brexit?
EuVECA hat sich für Manager von Venture Capital Fonds als sinnvolles Aufsichtsregime erwiesen und kann als Erfolgsgeschichte der Finanzmarktregulierung betrachtet werden. Nach den Statistiken der EU-Wertpapieraufsichtsbehörde ESMA vertreiben europaweit aktuell 157 EuVECA-Manager (davon 18 deutsche) 281 EuVECA-Fonds (davon 33 deutsche). Die Attraktivität der Registrierung als EuVECA-Manager lässt sich vor allem auf drei Gründe zurückführen: Sie ist im Vergleich zu einer AIFM-Vollerlaubnis relativ leicht und kostengünstig zu erlangen, ein Vertrieb ist an Anleger mit einer Kapitalzusage ab 100.000 EUR möglich – und vor allem eröffnet die Registrierung im Heimatstaat den Vertrieb in alle anderen EU-Länder (Europäischer Pass). Geholfen hat auch eine 2018 in Kraft getretene Revision der EuVECA-Verordnung: Mit ihr wurden unter anderem die Eigenmittelanforderungen für EuVECA-Fondsmanager konkretisiert, für die zuvor keine einheitliche Verwaltungspraxis bestand, und von anderen Mitgliedstaaten erhobene Verwaltungsgebühren für den Vertrieb verboten. Als besonders wirkungsvoll hat sich die neue Höchstfrist für den Registrierungsprozess (zwei Monate ab vollständiger Einreichung aller Unterlagen) erwiesen. In Kombination mit der wachsenden Erfahrung der BaFin bei EuVECA-Anträgen hat sich das Registrierungsverfahren spürbar beschleunigt.
Ein wenig getrübt wird das positive Bild durch den Brexit. Der am 31. Januar 2020 vollzogene Austritt des Vereinigten Königreichs (UK) aus der EU wird auch EuVECA-Fondsmanager betreffen. Das gilt zunächst für den Vertrieb von EuVECA-Fondsanteilen nach UK, das nach dem Brexit nicht mehr vom Europäischen Pass erfasst sein wird. Bestehende EuVECA Fonds, die sich bis zum 30.01.2020 bei der britischen Finanzaufsicht FCA (online) registrieren lassen haben, können den Europäischen Pass zwar für bis zu drei weitere Jahre nutzen. Ansonsten wird der Vertrieb von EuVECA-Fondsanteilen aber künftig den nationalen Platzierungsvorgaben des UK unterliegen. Diese gelten jedoch als vergleichsweise liberal. Umgekehrt wird die Auflegung und Verwaltung von EuVECA-Fonds durch im UK registrierte Manager nicht mehr möglich sein. Auf bestehende oder künftige EuVECA-Fonds, die (auch) im Vereinigten Königreich investieren wollen, hat der Brexit voraussichtlich keine Auswirkungen, denn die EuVECA-VO schreibt gerade nicht vor, dass die Investments eines EuVECA-Fonds innerhalb der EU erfolgen müssen.
Strengere Regeln für Pre-Marketing und Reverse Solicitation
Manager (und deren Berater) von Venture Capital Fonds stehen regelmäßig vor der Frage, ob die geplante Ansprache von Interessenten bereits regulierten Vertrieb darstellt (also die Registrierung oder Erlaubnis bei der zuständigen Aufsichtsbehörde erfordert) oder noch nicht reguliertes Pre-Marketing. Diese wichtige Abgrenzung soll nun EU-weit harmonisiert werden. Hierzu hat der europäische Gesetzgeber eine bis Herbst 2021 umzusetzende Änderungsrichtlinie zur AIFM-Richtlinie erlassen. Die Neuregelung schränkt den Spielraum für Pre-Marketing für vollregulierte Fondsmanager deutlich ein: Diese müssen künftig Pre-Marketing-Aktivitäten bei der Aufsichtsbehörde anzeigen.
Zudem wird ihnen der Ausweg aus den Vertriebsvorschriften durch bloßes Entgegennehmen von Anlegeranfragen (Reverse Solicitation) nahezu versperrt. Jede innerhalb von 18 Monaten nach Pre-Marketing-Beginn angenommene Zeichnung wird pauschal als Vertrieb gelten. Die Pre-Marketing-Aktivitäten sind darüber hinaus adäquat zu dokumentieren. Kleine Fondsmanager, die in Deutschland nur einer Pflicht zur Registrierung bei der BaFin unterliegen (§ 2 Abs. 4 KAGB), sind nicht direkt von der Neuregelung betroffen. Es ist jedoch denkbar, dass die BaFin ihre Verwaltungsauffassung zum Pre-Marketing nach nationalem
Recht an die künftigen europäischen Regeln anpassen wird. Weiterhin ist zu erwarten, dass die neuen Pre-Marketing- Regeln auch in die EuVECA-Verordnung aufgenommen werden. Auch wenn an einer Vereinheitlichung der Pre-Marketing-Regeln auf EU-Ebene und der Begriffskonkretisierung aus Gründen der Rechtsicherheit ein allgemeines Interesse besteht, dürften die Verschärfungen und zusätzlichen Dokumentationspflichten bei Fondsmanagern auf wenig Begeisterung stoßen.
Carry bei gewerblichen Private Equity- und Venture Capital Fonds
Positive Nachrichten waren Mitte 2019 bezüglich der Besteuerung des Carried Interest zu vernehmen: Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einem vielbeachteten Urteil die lange umstrittene Frage dessen steuerlicher Behandlung aus gewerblichen Private Equity- und Venture Capital Fonds geklärt. Der BFH stellt klar, dass Carried Interest in dieser Konstellation nicht als (verdeckte) Tätigkeitsvergütung zu behandeln ist. Vielmehr ist er als disproportionaler Ergebnisanteil einzuordnen, der – soweit er sich aus Veräußerungsgewinnen oder Dividenden speist – zum Teileinkünfteverfahren besteuert wird (60%-Basis). Für Fondsmanager bedeutet dies, dass Carried Interest aus gewerblichen Fonds im Ergebnis genauso begünstigt ist wie aus vermögensverwaltenden Fonds (Teileinkünfteverfahren). Diese Entwicklung hilft insbesondere solchen Managern von Venture Capital Fonds, denen der Weg in eine vermögensverwaltende Fondsstruktur aufgrund einer gewerblichen Anlagestrategie (Inkubation, Company Building und Ähnliches) versperrt bleibt.
Umsatzsteuer auf Management Fees
Weniger erfreulich ist die (kaum vorhandene) Entwicklung beim Thema Umsatzsteuer auf Management Fees. Die deutsche Finanzverwaltung sieht in der Verwaltung von Private Equity- und Venture Capital Fonds überwiegend eine umsatzsteuerpflichtige Leistung des Fondsmanagers. Die Umsatzsteuer auf die Management Fee stellt einen erheblichen Nachteil für den Fondsstandort Deutschland und einen der wichtigsten Gründe für die Verlagerung vieler Fonds ins Ausland, vor allem nach Luxemburg, dar. Denn die auf der Management Fee lastende Umsatzsteuer stellt für den Fonds eine zusätzliche Kostenposition dar, die die Rendite der Anleger reduziert. Auch Anfang 2020 ist bestenfalls in Ansätzen zu erkennen, dass Deutschland seine Position an die aller anderen EU Mitgliedstaaten anpassen und die Management Fee als umsatzsteuerfrei anerkennen könnte. Rechtlich wäre dies aus Sicht der meisten Beobachter geboten: Der EuGH hat bereits 2015 entschieden, dass die Verwaltung von Investmentfonds, die einer besonderen staatlichen Aufsicht unterliegen, von der Umsatzsteuer befreit ist.
Dieses Urteil ist im deutschen Recht jedoch nur sehr restriktiv umgesetzt worden (§ 4 Nr. 8 lit. h UStG ab 2018). Zwei Jahre nach der Gesetzesänderung zeigt sich, dass nur einzelne Finanzämter die Umsatzsteuerfreiheit anerkannt haben und eine bundeseinheitliche Handhabung fehlt. Für den Fondsstandort Deutschland wäre es wünschenswert, wenn sich bei der Finanzverwaltung eine bundeseinheitliche Praxis zugunsten der Umsatzsteuerfreiheit durchsetzt. Andernfalls dürfte erst dann wieder Bewegung in die Sache kommen, wenn ein deutsches Gericht die Frage der Vereinbarkeit mit der europäischen Mehrwertsteuersystemrichtlinie dem EuGH zur Entscheidung vorlegt.
Dieser Beitrag ist erstmals erschienen in: VentureCapital Magazin, 1-2020, Seiten 32-33
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