Leverage – süßes Gift oder normaler Bestandteil eines komplexer und reifer werdenden Marktsegments? Vor dieser Frage standen die Panelisten des diesjährigen, zum fünften Mal auf der MUPET stattfindenden Panels zu Fund Secondaries.
Wie der Rückblick auf den Sekundärmarkt für Fondsbeteiligungen zeigt, wurden die Player auf dem Sekundärmarkt in den letzten Jahren sehr verwöhnt. Ein Rekord jagte den nächsten, sei es beim Fundraising für neue Sekundärdachfonds oder beim Dealvolumen. Das Jahr 2015 machte hier keine Ausnahme, wobei sich das Transaktionsvolumen nur leicht erhöhte und auf dem Stand des Vorjahres stabilisierte. Das Transaktionsvolumen bei Fund Secondaries erreichte 2015 ca. USD 30 bis 40 Mrd. (je nach Einbeziehung verschiedener Fondskategorien und sog. Secondary Directs). Zugleich bestätigten die Panelisten mit ihrer Einschätzung Umfragen, wonach 73 % der Marktteilnehmer für 2016 erstmals seit mehreren Jahren kein neues Rekordjahr erwarten. Basierend auf den Erfahrungen der ersten Monate wird für 2016 ein leichter Rückgang beim Transaktionsvolumen erwartet, auch wenn bereits neue Rekorde beim Fundraising für neue Sekundärfonds erzielt wurden (Lexington, Ardian).
Auch beim Pricing ist eine leichte Trendumkehr erkennbar. Es ist immer noch ein Verkäufermarkt, aber die Käufer haben an Boden gewonnen. So wiesen die für Fondsbeteiligungen gezahlten Preise einen etwas größeren Discount zum Net Asset Value (NAV) auf. 2015 wurden im Durchschnitt ca. 91 % des NAV bezahlt (2014 94 %). Die Abschläge schwanken je nach Fondskategorie: Während es bei großen Buy-out-Fonds kaum Abschläge gibt, sind bei Venture-Capital-Fonds Abschläge von 10 % bis 20 % üblich. Treiber des Geschäfts waren insbesondere Verkäufe aus Gründen des Portfoliomanagements sowie Abverkäufe von Rest-Fondsportfolien von Dachfonds am Ende der Laufzeit (Tail-End-Fonds).
Es wurden verstärkt komplexe Transaktionen abgewickelt. Darin spiegelt sich wider, was bereits das MUPET-Panel 2014 beschäftigte: Die Suche nach Überrendite führt auf dem Weg der Komplexität zum Ziel. Dazu zählen Fondsrestrukturierungen (Fund Restructurings) unter Beteiligung eines Sekundärinvestors – diese wiederum waren Thema der Podiumsdiskussion auf der MUPET 2015. Die Zahl der Marktteilnehmer, die eine solche Transaktion begleitet haben, stieg leicht von 60 % im Jahr 2014 auf 66 % im Jahr 2015. Eine weitere komplexe Dealstruktur sind sogenannte Stapled Transactions. Dabei erklärt sich ein Sekundärkäufer bereit, Investoren Anteile an einem Altfonds abzukaufen (meist in einer Art Tender Offer), und verpflichtet sich zugleich, sich an einem neuen Fonds des gleichen Fondsmanagers zu beteiligen. Dies wird meist nicht von den Verkäufern, sondern vom Fondsmanager des Zielfonds initiiert, um seinen Altgesellschaftern eine Liquiditätslösung anzubieten und zugleich einen Ankerinvestor für den neuen Fonds zu gewinnen. Die Zahl der Marktteilnehmer, die zwei oder mehr Stapled Transactions durchgeführt haben, stieg von 9 % 2014 auf 24 % 2015. So waren sich die Teilnehmer des Panels einig, dass, um einen Mehrwert zu erwirtschaften, auch in Zukunft die Suche nach Komplexität weitergehen wird.
Die wachsende Reife und Komplexität des Sekundärmarktes zeigt auch die Entwicklung des Einsatzes von Leverage, also der Finanzierung mit Fremdkapital unter Nutzung von Hebeleffekten. Dies hatte zuletzt die Schlagzeilen zum Sekundärmarkt beherrscht und war daher Schwerpunktthema des Panels. Verschiedenen Umfragen zufolge hat sich der Einsatz von Leverage 2015 verstärkt. Bei einer Umfrage von Setter Capital gab rund die Hälfte der Befragten an, der Einsatz von Debt bei Sekundärtransaktionen habe 2015 gegenüber dem Vorjahr erheblich zugenommen; nach Einschätzung der anderen Hälfte bewegt sich der Einsatz von Leverage gleichbleibend auf dem Niveau von 2014; lediglich 1 % der Befragten beobachtete einen geringeren Einsatz von Hebelinstrumenten. Auf die Frage des Private Equity Analyst, ob der jeweilige Investor selbst Fremdkapital für Sekundärtransaktionen einsetzt, erhöhte sich die Zahl der positiven Antworten von 9 % im Jahr 2014 auf 21 % im Jahr 2015. Anlass genug, den Einsatz von Fremdfinanzierung (Use of Leverage) bei Sekundärtransaktionen näher zu beleuchten.
Leverage kann in verschiedenen Formen und zu unterschiedlichen Zwecken verwendet werden. Neben dem Cash-Management steht die Erzielung eines wirtschaftlichen Hebeleffekts im Vordergrund. Dazu kann der Käufer für die Zahlung eines Kaufpreises zunächst eine Kreditlinie anstelle eines Kapitalabrufs bei seinen Investoren „anzapfen“ (Capital Call Line) und diese dann erst zu einem späteren Zeitpunkt durch einen Kapitalabruf zurückführen. Daraus können sich erhebliche positive Effekte auf die interne Zinsfußberechnung (Internal Rate of Return) ergeben. Dies gilt umso mehr, wenn aufgrund der Struktur des erworbenen Fondsportfolios Zinsen und Rückzahlungen der Kreditlinie sogar durch Ausschüttungen aus dem erworbenen Fondsportfolio möglich werden. Eine weitere, einfache Form von Leverage ist die (Teil-) Stundung des Kaufpreises durch den Verkäufer (sog. Deferred Payment). Leverage kann auch in Form einer echten Akquisitionsfinanzierung aufgenommen werden. Dabei stammt die Fremdfinanzierung entweder vom Verkäufer selbst (Vendor Financing, z. B., wenn der Verkäufer eine Bank ist) oder von einem Dritten (etwa einem Kreditinstitut oder einem sonstigen Spezialfinanzierer). Üblicherweise erfolgt die Besicherung der Fremdfinanzierung durch Bestellung von Sicherheitsrechten an dem zu erwerbenden Fondsportfolio ohne Rückgriff auf das sonstige Vermögen des Erwerbers (Non-Recourse-Finanzierung). Dies ist üblich, wenn bis zu 35 % oder 40 % des Kaufpreises fremdfinanziert sind. Sollte der Anteil der Fremdfinanzierung höher sein (was allerdings bei Sekundärtransaktionen bislang eher unüblich ist), käme eine zusätzliche Besicherung durch Rückgriff auf das sonstige Vermögen des Käufers in Betracht (z. B. durch Abtretung des Rechts, Kapital bei den Investoren des Sekundärfonds abzurufen). Derartige Formen der Akquisitionsfinanzierung sind nicht nur bei dem Erwerb eines neuen Fondsportfolios möglich, sondern auch nachträglich zur Refinanzierung eines Bestandsportfolios denkbar. Daneben kann es auch Mischformen und Kombinationen der verschiedenen Leverage-Instrumente geben.
Zudem ist auf internationaler Ebene inzwischen zu beobachten, dass sich das Spektrum der Kapitalstruktur bei Sekundärtransaktionen zunehmend erweitert. So gibt es Spezialfinanzierer, die hybride Mezzanine- artige Finanzierungsformen (Nachrangdarlehen und Preferred Equity) zur Verfügung stellen, die nachrangig gegenüber der klassischen Bankenfinanzierung sind. Allerdings erreicht die Komplexität der Finanzierungsinstrumente bei Fund Secondaries noch nicht das Niveau von Unternehmenskäufen.
Der Einsatz von Leverage beinhaltet eine Reihe praktischer Herausforderungen. In wirtschaftlicher Hinsicht können sich bei fallenden Märkten und größeren Marktkorrekturen Risiken ergeben, insbesondere wenn der gezahlte Kaufpreis zu hoch ist. In rechtlicher Hinsicht ist mit dem Kreditgeber eine weitere Partei in der Dokumentation der Transaktion sowie beim Zeitplan von Verhandlungen zu berücksichtigen. Sofern eine Besicherung durch Verpfändung des Fondsportfolios beabsichtigt wird, bedarf es nach der Fondsdokumentation typischerweise der Zustimmung des jeweiligen Fondsmanagers. Dies wird meist im Rahmen der Due Diligence näher geprüft. Die genannten Risiken sind für Käufer beherrschbar, insbesondere wenn sie auf erfahrene Berater zurückgreifen.
Am Ende der Diskussion herrschte Einigkeit darüber, dass Leverage kein süßes Gift ist, sondern zum Instrumentarium eines erfahrenen Sekundärkäufers gehören sollte: Richtig eingesetzt kann Leverage aus guten Transaktionen bessere Deals machen!