Am 1. Januar 2018 trat infolge der Investmentsteuerreform das neue Investmentsteuergesetz in Kraft. Die ersten Praxiserfahrungen boten Anlass, das nun mehr als sieben Monate alte Gesetz aus Sicht der Private Equity Fondsbranche im Rahmen der diesjährigen MUPET am 5. und 6. Juli 2018 in München zu besprechen.
Wir bedanken uns besonders bei Herrn Dr. Alexander Mann (Hessische Finanzverwaltung), der zum nunmehr dritten Jahr unserer Einladung folgte, um mit uns auf dem Podium die neuesten Erkenntnisse und Entwicklungen im Zusammenhang mit dem neuen Investmentsteuerrecht zu diskutieren. Mann ist ausgewiesener Kenner des Investmentsteuerrechts und gestaltet in der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Investmentsteuerreform die maßgeblichen Veröffentlichungen der Finanzverwaltung mit.
Aktuelles aus Gesetzgebung und Finanzverwaltung
Eingangs wurde besprochen, dass das bereits vor seinem In-Kraft-Treten durch das BEPS-Umsetzungsgesetz und das Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz zweimal geänderte Investmentsteuergesetz voraussichtlich durch das derzeit als Referentenentwurf vorliegende Jahressteuergesetz 2018 und gegebenenfalls durch weitere Gesetzes (z.B. im Rahmen eines „Brexit-Gesetzes“) weiter punktuell angepasst wird (z.B. Änderungen und Konkretisierungen bezüglich der Qualifikation von Aktien-, Misch- und Immobilienfonds).
Am 15. Juni 2018 wurde außerdem nach Veröffentlichung mehrerer „kleiner“ BMF-Schreiben zu einzelnen Anwendungsfragen der inzwischen dritte Entwurf eines umfassenden, aber nach wie vor nicht vollständigen, Anwendungsschreibens zum Investmentsteuergesetz durch das BMF bekannt gemacht. Mann teilte mit, dass voraussichtlich zeitnah nach Ablauf der Stellungnahmefrist zu diesem Entwurf (Ende Juli 2018) ein weiteres Anwendungsschreiben zu ersten Teilen des Investmentsteuergesetzes (§ 1 bis § 24 sowie § 56) vorab veröffentlicht wird. Wann ein vollständiges „großes“ Anwendungsschreiben final verabschiedet wird, konnte Mann noch nicht einschätzen.
Ausgewählte Anwendungsfragen
Kapitalertragsteuer bei Personengesellschaften mit Investmentfonds als Gesellschafter
Erzielt eine Personengesellschaft, an der ein Investmentfonds beteiligt ist, so genannte inländische Beteiligungseinnahmen oder sonstige inländische Einkünfte, die einem Kapitalertragsteuerabzug unterliegen (insbesondere Dividenden von deutschen Kapitalgesellschaften), erfolgt nach allgemeinen Grundsätzen gegenüber der Personengesellschaft der Kapitalertragsteuerabzug zum Steuersatz von 25% zzgl. Solidaritätszuschlag und im gesonderten und einheitlichen Feststellungsverfahren bei der Personengesellschaft wird die anrechenbare Kapitalertragsteuer festgestellt.
Nicht zweifelsfrei geklärt ist die Frage, ob bzw. auf welcher Grundlage der Investmentfonds den auf ihn entfallenden Teil der Kapitalertragsteuer gegebenenfalls erstatten lassen kann, soweit die Kapitalertragsteuer 15% (inklusive Solidaritätszuschlag) überschreitet. Dieser Steuersatz wäre anwendbar bei direkter Erzielung der entsprechenden Einkünfte durch den Investmentfonds, d.h. ohne Zwischenschaltung der Personengesellschaft. Mann teilte unsere Auffassung, dass im Ergebnis eine Erstattung wie vorstehend beschrieben sowohl bei zwischengeschalteten vermögensverwaltenden als auch bei gewerblichen Personengesellschaften möglich sein muss und verwies auf § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InvStG, der gegebenenfalls in analoger Anwendung als Rechtsgrundlage in Betracht komme (Erstattung durch Betriebsstättenfinanzamt des Entrichtungspflichtigen auf Antrag des Investmentfonds).
Qualifikation von Investmentfonds und Teilfreistellungen
Wenn ein Investmentfonds fortlaufend einen bestimmten Anteil seines Wertes in Kapitalbeteiligungen anlegt und dadurch als Aktien- oder Mischfonds zu qualifizieren ist, sind auf Ebene der Anleger Teilfreistellungen anwendbar mit der Folge einer anteiligen Steuerfreiheit der Investmenterträge.
Bestimmung des „Wertes“ von Investmentfonds
Der maßgebliche Wert des Investmentfonds soll sich grundsätzlich nicht nach dem so genannten Nettoinventarwert, sondern nur nach dem Wert der Vermögensgegenstände ohne Berücksichtigung von Verbindlichkeiten bestimmen. Mann meint, dass dabei auf den gemeinen Wert der Vermögensgegenstände abzustellen ist. Dadurch könnten sich gegebenenfalls streitanfällige Bewertungsfragen stellen. Vermieden werden könnte dies, wenn die ursprünglichen Anschaffungskosten für die Vermögensgegenstände für Zwecke der Wertbestimmung herangezogen würden.
Nachweis des Kapitalbeteiligungsbestandes
Ergibt sich die Quote der Kapitalbeteiligungen nicht aus den Anlagebedingungen des Investmentfonds, sind Teilfreistellungen auf Antrag des Anlegers in der Veranlagung dennoch anzuwenden, wenn der Anleger nachweist, dass der Investmentfonds die maßgeblichen Anlagegrenzen während des Geschäftsjahres tatsächlich durchgehend überschritten hat. Als Nachweise sollen dafür Halbjahres- oder Jahresberichte (nur) dann genügen, wenn darin eine ausdrückliche Bestätigung des Investmentfonds enthalten ist, dass die Kapitalbeteiligungsquote fortlaufend eingehalten wurde. Ob und gegebenenfalls unter welchen weiteren Voraussetzungen Quartalsberichte als Nachweismittel ausreichen, ist nicht geklärt.
Mann führte aus, dass eine bundeseinheitliche Auffassung in der Finanzverwaltung zum Umfang der Nachweispflichten noch nicht bestehe. Jedenfalls die hessische Finanzverwaltung werde aber keine allzu hohen Anforderungen stellen und beispielsweise Quartalsberichte akzeptieren, wenn die Kapitalverwaltungsgesellschaft zusätzlich bestätigt, dass nach ihrem besten Wissen die in den Berichten ausgewiesenen Werte während des ganzen Geschäftsjahres tatsächlich nicht unterschritten, die maßgebliche Kapitalbeteiligungsquote demnach fortlaufend eingehalten wurde.
Höhe der Teilfreistellungen bei Beteiligung von Personengesellschaften als Anleger an Investmentfonds
Der zweite Entwurf eines Anwendungsschreibens zum Investmentsteuergesetz vom 11. August 2017 sah betreffend Personengesellschaften als Anleger von Investmentfonds vor, dass (i) im Rahmen der gesonderten und einheitlichen Feststellung der Besteuerungsgrundlagen bei der Personengesellschaft der Investmentertrag ohne Berücksichtigung von Teilfreistellungen festzustellen ist (ii) und die Teilfreistellungen erst im Rahmen der Veranlagung des jeweiligen Gesellschafters anzuwenden sind („Brutto-Methode“). Diese Aussage entfiel im aktuellen dritten Entwurf ersatzlos. Mann erläuterte, dass diese Streichung auf Uneinigkeiten innerhalb der Finanzverwaltung zum Verfahren zurückgeht, dass aber damit zu rechnen sei, dass in der Praxis bereits im Rahmen der gesonderten und einheitlichen Feststellung bei der Personengesellschaft der Investmentertrag mit Berücksichtigung der anteiligen, auf die Gesellschafter entfallenden, Teilfreistellungen festgestellt wird („Netto-Methode“). Damit wird die Entscheidung über die anwendbaren Teilfreistellungssätze verbindlich und einheitlich bereits durch die Feststellungsfinanzämter durchgeführt und werden die (Wohn-)Sitzfinanzämter der Gesellschafter insoweit entlastet.
Bei der Ermittlung des Gewerbeertrags einer an einem Investmentfonds beteiligten Mitunternehmerschaft sollen sich die Teilfreistellungen für die Mitunternehmerschaft ausweislich des aktuellen Entwurfs eines Anwendungsschreibens anteilig nach den für die verschiedenen Mit-unternehmergruppen (natürliche Personen, Kredit-/Finanzdienstleistungsinstitute oder Lebens-/Krankenversicherungsunternehmen sowie sonstige Körperschaftsteuersubjekte) anwendba-ren Teilfreistellungssätzen richten („Durchschau“ entsprechend § 7 Satz 4 GewStG).
(Keine) Berücksichtigung von mittelbar über Personengesellschaften gehaltenen Kapitalbeteiligungen
Nach Auffassung der Finanzverwaltung bleiben Kapitalbeteiligungen, die nicht direkt von einem Investmentfonds, sondern nur mittelbar über Personengesellschaften (etwa Zielfonds in der Rechtsform von Personengesellschaften) gehalten werden, für Zwecke der Bestimmung der Quote der Kapitalbeteiligen des Investmentfonds unberücksichtigt. Mann erläuterte, dass diese Ansicht voraussichtlich unverändert bestehen bleiben wird. Das hätte zur Folge, dass Dach-Investmentfonds regelmäßig nicht als Aktien- oder Mischfonds zu qualifizieren sein und die Anleger eines Dach-Investmentfonds dementsprechend nicht von Teilfreistellungen auf ihre Investmenterträge profitieren dürften.
Das Podium war sich einig, dass diese Auffassung der Finanzverwaltung bedenklich ist. Jedenfalls bei vermögensverwaltenden Personengesellschaften müssen unseres Erachtens die von einer Personengesellschaft gehaltenen Kapitalbeteiligungen anteilig dem Investmentfonds als Gesellschafter zugerechnet werden (so genannte Bruchteilsbetrachtung, vgl. § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO). Bei gewerblichen Personengesellschaften müsste aus Gründen einer sachlich zutreffenden Besteuerung und unter Berücksichtigung des Rechtsgedankens des § 8b Abs. 6 KStG dasselbe gelten. Betroffene Steuerpflichtige sollten ggf. Rechtsbehelfsverfahren gegen anderslautende Feststellungs-/Steuerbescheide in Erwägung ziehen.
Abgrenzung der privaten Vermögensverwaltung vom Gewerbebetrieb
Im zweiten Entwurf eines Anwendungsschreibens wurde durch die Finanzverwaltung die Auffassung vertreten, dass sich für Zwecke der Körperschaftsteuer bei Investmentfonds die Abgrenzung der gewerblichen Einkünfte von der privaten Vermögensverwaltung nach den allgemeinen einkommensteuerlichen Regelungen bestimmt und die (wohl) großzügigeren gewerbesteuerlichen Abgrenzungskriterien für eine „aktive unternehmerische Bewirtschaftung“ insoweit unbeachtlich sind. Dementgegen sieht der unseres Erachtens insoweit zu begrüßende, dritte Entwurf nunmehr vor, dass gewerbliche Einkünfte nur bei einer aktiven unternehmerischen Bewirtschaftung der Vermögensgegenstände des Investmentfonds vorliegen.
Mann werde sich laut eigener Aussage in der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Investmentsteuerreform allerdings dafür einsetzen, dass die Formulierung aus dem zweiten Entwurf wieder aufgenommen wird (Unbeachtlichkeit der aktiven unternehmerischen Bewirtschaftung für Körperschaftsteuerzwecke). Die Tätigkeit eines Investmentfonds solle nach denselben Kriterien beurteilt werden wie die Tätigkeit eines Anlegers bei der Direktanlage.
Für den dritten Entwurf spricht unseres Erachtens, dass damit im Ergebnis ein praktisch wünschenswerter Gleichlauf der Qualifikation der Tätigkeit von Investmentfonds für gewerbe- und körperschaftsteuerliche Zwecke erreicht würde. Zudem ist auch nach allgemeinen einkommensteuerlichen Grundsätzen der Abgrenzung des Gewerbebetriebs von der Vermögensverwaltung (so genannte Fruchtziehungsformel) stets das Gesamtbild der Betätigung unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung und der jeweiligen artspezifischen Besonderheiten der in Rede stehenden Wirtschaftsgüter entscheidend. Tätigkeiten, die keine „aktive unternehmerische Bewirtschaftung“ von Vermögensgegenständen eines Investmentfonds darstellen, sind unseres Erachtens artspezifisch für die Anlagetätigkeit von Investmentvermögen und können daher für sich gesehen nicht schon einen Gewerbebetrieb begründen. Die Anlagetätigkeit eines Investmentfonds ist gerade nicht der Direktanlage eines Anlegers vergleichbar, so dass unter-schiedliche Maßstäbe sachgerecht sind.
Erwerbbarkeit von Anteilen an geschlossenen AIF für Spezial-Investmentfonds
Zweifelhaft ist derzeit auch die Frage, ob Anteile an geschlossenen AIF, insbesondere in der Rechtsform einer Personengesellschaft, für Spezial-Investmentfonds erwerbbare Vermögensgegenstände in Gestalt eines „Wertpapiers“ (§ 26 Nr. 4 Bstb. a InvStG) sein können. Unseres Erachtens sind AIF-Anteile unter den Voraussetzungen der so genannten Eligible-Assets-Richtlinie erwerbbar (Verlustbeschränkung; Handelbarkeit; Unternehmenskontrolle; etc.).
Die Regelung im dritten Entwurf eines Anwendungsschreibens hierzu ist missverständlich. Einerseits sollen Wertpapiere danach nur erwerbbar sein, die an einer Börse zugelassen oder in einen organisierten Markt einbezogen sind. Andererseits sollen Anteile an geschlossenen Fonds unabhängig von ihrer Rechtsform als Wertpapiere erwerbbar sein, wenn der geschlossene Fonds einer Unternehmenskontrolle unterliegt und der Rechtsträger den Vorschriften des Anlegerschutzes unterliegt. Für geschlossene Fondsanteile dürfte daher eine Börsennotierung bzw. eine Einbeziehung in einen organisierten Markt im Ergebnis entbehrlich sein. Mann geht davon aus, dass die entsprechenden Passagen noch überarbeitet werden, so dass in einem finalen Anwendungsschreiben mit einer Klarstellung zu rechnen sein dürfte.
Investment- und Außensteuerrecht
Während das neue Investmentsteuerrecht die Hinzurechnungsbesteuerung nach dem AStG umfassend sperrt, waren bis zum 31. Dezember 2017 die Regelungen über die Hinzurechnungsbesteuerung auf Anleger von Kapital-Investitionsgesellschaften anwendbar. Um eine doppelte steuerliche Belastung durch die Hinzurechnungsbesteuerung einerseits und die Regelbesteuerung der tatsächlichen Ausschüttungen (denen passive Einkünfte von Kapital-Investitionsgesellschaften zugrunde lagen) und/oder Veräußerungsgewinne zu vermeiden, waren diese Ausschüttungen und Veräußerungsgewinne unter bestimmten Voraussetzungen steuerfrei, soweit innerhalb von sieben Jahren Hinzurechnungsbeträge aus einer Beteiligung an der Kapital-Investitionsgesellschaft der Besteuerung unterlegen haben (§ 19 Abs. 4 InvStG a.F. i.V.m. § 3 Nr. 41 EStG).
Das Podium war sich einig, dass auch nach Inkrafttreten des neuen Investmentsteuergesetzes (i) ein fiktiver Veräußerungsgewinn aus der Übergangsbesteuerung gemäß § 56 Abs. 2 InvStG, (ii) Ausschüttungen sowie (iii) Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an ehemaligen Kapital-Investitionsgesellschaften, die nunmehr als Investmentfonds zu qualifizieren sind, unter den Voraussetzungen des § 3 Nr. 41 EStG steuerfrei sind.
Fazit
Insgesamt hat sich gezeigt, dass das neue Investmentsteuerrecht auch nach seinem Inkrafttreten eine Fülle von Einzelfragen offen lässt. Wünschenswert wäre die möglichst zügige Klärung dieser Fragen durch die Finanzverwaltung, möglichst durch ein „großes“ Anwendungsschreiben zum Investmentsteuergesetz. Zuversichtlich stimmt jedenfalls die Ankündigung der zeitnahen Veröffentlichung eines Anwendungsschreibens zu § 1 bis § 24 und § 56 InvStG.