Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) hat nunmehr den lang erwarteten Referentenentwurf zur Änderung der Finanzanlagenvermittlungsverordnung („FinVermV“) veröffentlicht. Die FinVermV ist relevant für alle Vermittler und Berater, die unter § 34f GewO tätig sind („Finanzanlagenvermittler“). Die Änderungen bezwecken, die FinVermV an die Vorgaben der europäischen Regulierung unter der Richtlinie 2014/65/EU („MiFID II“) anzupassen, wodurch die Vorgaben der MiFID II nun auch für die Finanzanlagenvermittler gelten.
Vermeidung, Regelung und Offenlegung von Interessenkonflikten
Neu hinzukommen wird eine Pflicht des Finanzanlagenvermittlers, angemessene Maßnahmen zu treffen, um Interessenkonflikte zu erkennen und zu vermeiden. Erfasst sind Interessenkonflikte zwischen dem Finanzanlagenvermittler und den bei der Vermittlung und Beratung mitwirkenden Beschäftigten und den Anlegern. Sofern ein Interessenkonflikt nicht vermieden werden kann, hat der Finanzanlagenvermittler diesen durch angemessene Maßnahmen so zu regeln, dass Nachteile für den Anleger ausgeschlossen werden.
Hier wird man davon ausgehen müssen, dass der Finanzanlagenvermittler zumindest ein internes Regelwerk haben sollte, das bestehende Interessenkonflikte erfasst und den Umgang damit regelt (Conflicts-of-Interest Policy).
Der Finanzanlagenvermittler muss dem Anleger Interessenkonflikte offenlegen, wenn trotz der getroffenen Maßnahmen eine Gefahr für die Beeinträchtigung der Interessen des Anlegers verbleibt. Dies gilt insbesondere für Interessenkonflikte aus erhaltenen Zuwendungen oder aus der Vergütungsstruktur. In der Regel dürfte diese Anforderung durch eine allgemein gehaltene Vorabinformation über bestehende Interessenkonflikte erfüllt werden können.
Vergütung von Beschäftigten
Die Vergütung von Beschäftigten darf sich künftig nicht mit der Pflicht überschneiden, im bestmöglichen Interesse des Anlegers zu handeln. Problematisch sind hier insbesondere „Sales Targets“ oder sonstige Stufen für die variable Vergütung. Die FinVermV erfordert dafür die Einführung einer Vergütungsrichtlinie.
Zuwendungen
Der Entwurf der FinVermV sieht weniger strenge Zuwendungsregeln vor als bei einem Wertpapierdienstleistungsunternehmen. Anders als unter dem WpHG muss die Zuwendung nicht darauf ausgelegt sein, die Qualität der für den Kunden erbrachten Dienstleistung zu verbessern. Im WpHG-Bereich hat dieses Gebot zur Folge, dass der Betrag einer Zuwendung mit einer Qualitätsverbesserung bzw. mit Kundenvorteilen begründet werden muss.
In dem Entwurf der FinVermV genügt dagegen ein geringerer Maßstab: Die Zuwendung ist bereits zulässig, wenn sie sich nicht nachteilig auf die Qualität der Vermittlung und Beratung auswirkt.
Kostenoffenlegungen
Eine Pflicht des Finanzanlagenvermittlers über Risiken sowie Kosten und Nebenkosten des Produktes allgemein zu informieren besteht bereits unter der aktuellen FinVermV. Nunmehr muss jedoch ein detaillierterer Kostenausweis nach Maßgabe der MiFID II erfolgen. Hierzu gehören auch Angaben zu den Auswirkungen der kumulierten Kosten auf die Rendite der Anlage.
Die FinVermV erlaubt es dem Finanzanlagenvermittler für die Kostenoffenlegungen Informationen des Emittenten bzw. des Konzepteurs zu verwenden. Dies bedeutet zwar eine Entlastung, aber nur hinsichtlich der schwierig zu berechnenden Produktkosten.
Anforderungen an Werbematerialien
Aus dem Entwurf der FinVermV ergibt sich nunmehr, dass die Anforderungen an Werbematerialien auch im professionellen Kundenbereich gelten. Das war bislang nicht klar.
Betroffen sind hiervon insbesondere Präsentationen sowie sonstige Marketingmaterialien, soweit diese Informationen enthalten, die über gesetzlich erforderliche Informationen hinausgehen. Schwierigkeiten dürften dabei insbesondere Performance-Angaben zum Produkt oder zu Vorgängerprodukten bereiten.
Zielmarktanforderungen
Entschärft hat der Entwurf die Anforderungen an die Zielmarktbestimmungen. Anders als Wertpapierdienstleistungsunternehmen, muss der Finanzanlagenvermittler keine eigene Zielmarktbestimmung vornehmen. Es genügt, wenn der Finanzanlagenvermittler die Informationen zum Zielmarkt vom Emittenten bzw. Konzepteur einholt und gemäß dieses Zielmarktes vertreibt.
Taping / Gesprächsaufzeichnungen
Eine wichtige Neuerung besteht darin, die Inhalte von Telefongesprächen und elektronischer Kommunikation aufzuzeichnen, sobald sie die Vermittlung von oder Beratung zu Finanzanlagen betreffen. Dies soll der Beweissicherung dienen.
Nicht erfasst von der Tapingpflicht sind Terminabsprachen und Anbahnungsgespräche. Eine Möglichkeit der Tapingpflicht zu entkommen, besteht daher darin, auf telefonische Vermittlung bzw. Anlageberatung zu verzichten.
Allerdings besteht auch bei persönlichen Face-to-Face Gesprächen eine Dokumentationspflicht. Hierzu hat der Finanzanlagenvermittler Protokolle bzw. Vermerke zu dem Inhalt der Gespräche zu erstellen.
Geeignetheitserklärung
Auch für die Finanzanlagenvermittler entfällt die Pflicht, ein Beratungsprotokoll zu erstellen. An dessen Stelle tritt nun die bereits aus der MiFID II-Implementierung bei den Wertpapierdienstleistungsunternehmen bekannte Geeignetheitserklärung.
Inkrafttreten / Übergangsregelung
Wir gehen davon aus, dass die geänderte Fin-VermV zum 1. Januar 2019, am Tag nach ihrer Verkündung, in Kraft treten wird. Übergangsregeln sind nicht vorgesehen. Sollte es dabei bleiben, müssen die Finanzanlagenvermittler die neuen Vorgaben, insbesondere zum Taping, sehr kurzfristig implementieren und anwenden.