
Private Debt ist eine attraktive, stark wachsende Assetklasse im Bereich alternativer Investments. Das Anlageuniversum Private Debt ist breit, abhängig vom jeweiligen Einsatz in der Kapitalstruktur von Zielinvestments. Der Zugang für Anleger erfolgt meist über Fonds, die von spezialisierten Assetmanagern verwaltet werden. Diese Fonds unterscheiden sich nicht nur beim Risiko-Rendite-Profil. Auch aufsichts- und steuerrechtliche Anforderungen von institutionellen Anlegern müssen berücksichtigt werden. Sie variieren je nach Fondsprodukt und Anlegerkategorie erheblich.
Marktüberblick
Private Debt umfasst verschiedene Anlagestrategien. Allen ist gemeinsam, dass nicht Eigen-, sondern Fremdkapital vergeben wird (Gegensatz: Private Equity). Es handelt sich um außerbörsliche, meist längerfristige Fremdkapitalinstrumente (inkl. hybride Finanzierungen), deren Ausgestaltung sowie Risiko-/Renditeerwartung sehr unterschiedlich sein kann.
Private Debt ist zuletzt sehr gewachsen, dies gilt besonders für Direct Lending/Senior Debt, d. h. die Vergabe vorrangig besicherter Unternehmenskredite. Andere Strategien haben auch erhebliche Mittelzuflüsse erhalten. Dazu zählen Mezzanine, sprich Investitionen in nachrangige Finanzinstrumente sowie Special Situations/Distressed Debt, d. h. Fremdkapitalfinanzierung von Firmen, die sich in einer Restrukturierung bzw. wirtschaftlich schwierigen Lage mit drohender Insolvenz befinden. Spezial-Strategien sind auch aufstrebend (Infrastructure-, Real Estate-, Venture-Debt und Private Debt Dachfonds).
Zugangswege
Für institutionelle Investoren (Versicherungen, Pensionskassen/-fonds, Versorgungswerke, Banken) gibt es viele Zugangswege zur Assetklasse Private Debt. Im Regelfall handelt es sich um Fonds, d. h. kollektive Kapitalanlageformen.
Anleger können sich an Dachfonds beteiligen, die sich auf Private Debt Zielfonds fokussieren. Zielfondsbeteiligungen sind bei größeren Investoren mit Inhouse-Expertise verbreitet. Als Beimischung sind auch Direktinvestments möglich, meist als Co-Investment zusammen mit Zielfonds. Managed Accounts bieten flexible Lösungen für spezielle Anlegererfordernisse (Portfoliozusammensetzung/-kontrolle, Reporting, Evergreen-Modelle). Ein Zukauf durch Sekundärtransaktionen (über Secondary-Dachfonds oder direkter Erwerb von Zielfonds) ist möglich. Anleger können direkt von der Bilanz oder über eine eigene Beteiligungsplattform (inländischer oder luxemburgischer Spezialfonds) investieren.
Die Frage nach dem besten Zugangsweg lässt sich nicht pauschal beantworten. Sie muss für Anleger abhängig vom Anlagevolumen, Portfolioallokation, Diversifikationserfordernissen, Teamgröße und -fähigkeiten sowie den jeweiligen aufsichts- und steuerrechtlichen Anforderungen geprüft werden.
Fondsstrukturen und Vertragsbedingungen
Meist sind Private Debt Fonds geschlossene Fonds, da deren Vermögenswerte illiquide sind. Diese Fonds sehen eine mehrjährige Laufzeit vor, bei der Anleger grundsätzlich kein Rückgaberecht haben. Selten gibt es auch offene Fonds mit Rückgaberecht für die Investoren (insbes. bei Senior Debt sowie kreditfokussierten Hedgefonds). Bei der Due Diligence sollten die Vertragsbedingungen von Fonds auf Marktüblichkeit und Übereinstimmung mit internationalen Standards (ILPA-Prinzipien) zu Fund Economics, Governance und Reporting geprüft werden.
Aufsichtsrecht
Die aufsichtsrechtlichen Anforderungen bei Beteiligung an Private Debt Fonds unterscheiden sich je nach Anlegerkategorie. Während Banken dem Bankenaufsichtsrecht unterliegen, findet für eine große Zahl von Anlegern das Versicherungsaufsichtsrecht Anwendung. Große Versicherungsunternehmen unterliegen den Solvency II-Kapitalanforderungen (§§ 96 ff VAG) sowie dem Grundsatz der unternehmerischen Vorsicht (Prudent Person Principle, § 124 VAG). Daneben hat die Anlageverordnung (AnlV) sowie das dazugehörige Kapitalanlagerundschreiben für viele institutionelle Anleger eine große Bedeutung. Dazu zählen kleine Versicherungsunternehmen, Sterbekassen, Pensionskassen sowie (über Verweise im Landesrecht) auch Versorgungswerke. Einige große Versicherungsunternehmen unterwerfen sich zudem freiwillig der AnlV.
Bei Private Debt Fonds kann ein Zielfonds nach § 2 Abs. 1 Nr. 13b AnlV eingeordnet werden, wenn er eine aktive Strategie der Unternehmensfinanzierung verfolgt. Dies ist im Einzelfall zu prüfen und lässt sich nur schwer verallgemeinern. Im Regelfall sollten Mezzanine-Fonds sowie auf Kontrolle ausgerichtete Distressed Debt Fonds dies erfüllen.
Für Direct Lending hat das Kapitalanlagerundschreiben bestimmte Unsicherheiten gebracht. Sollte eine Einordnung nach Nr. 13b AnlV nicht möglich, dann kommt eine Einordnung als alternativer Investmentfonds nach Nr. 17 AnlV in Betracht. Nr. 17 AnlV ist gegenüber Nr. 13b enger, da nur Fonds mit EWR-Sitz (Nr. 13b: OECD-Staat), die von einem Fondsmanager mit Vollerlaubnis (Nr. 13b: bloße AIFM-Registrierung) verwaltet werden, zulässig sind. Durch den Brexit können UK-Fonds, die unter Nr. 17 fallen, nicht mehr erworben werden. In engen Grenzen ist ein Erwerb über die Öffnungsklausel (§ 2 Abs. 2 AnlV) möglich. Die AnlV schließt insgesamt Investitionen in Konsumenten- und Betriebsmittelkredite aus. Fonds, deren Vertragsbedingungen bzw. Guidelines Vermögensanlagen unterhalb einer Speculative-Grade-Bonität zulassen (unterhalb B3 nach Moody’s), sind nicht für das Sicherungsvermögen geeignet.
Wenn Anleger Private Debt Fonds über Spezialfonds (meist Spezial-AIFs mit festen Anlagebedingungen) halten, müssen Zielfonds die aufsichts- und steuerrechtlichen Erwerbbarkeitsvoraussetzungen des Spezialfonds erfüllen (insbes. § 284 Abs. 2 KAGB und 26 InvStG). Zu § 26 InvStG hat das Bundesfinanzministerium im Januar 2021 ein Anwendungsschreiben veröffentlicht, das einige Fragen offen lässt.
Steuern
Die steuerlichen Anforderungen richten sich nach dem steuerlichen Status des jeweiligen Anlegers. Im Übrigen hängt die steuerliche Beurteilung vom jeweiligen Fonds ab. Die meisten Private Debt Fonds sind als Personengesellschaft ausgestaltet (KG oder vergleichbare ausländische Rechtsform, z. B. Luxemburger SCSp). Dann gelten die allgemeinen Regeln, d. h. die Abgrenzungsfrage Gewerbebetrieb vs. private Vermögensverwaltung. Sofern Fonds als Körperschaft (z. B. Luxemburgische SCA) oder als Sondervermögen (z. B. Französischer FPCI) ausgestaltet sind, findet das InvStG Anwendung. Eine steuerneutrale Kapitalrückzahlung ist dann nur möglich, wenn diese als Anteilsrücknahme (statt Ausschüttung) ausgestaltet ist.
Die Anforderungen an die Tax Compliance nehmen zu. Neben dem steuerlichen Reporting (z. B. §§ 179,180 AO, § 18 AStG, § 27 Abs. 8 KStG) sind bei Beteiligung an ausländischen Fonds auch etwaige Meldepflichten nach DAC 6 (§§ 138b ff AO) zu beachten. Herausforderungen ergeben sich auch nach ausländischem Steuerrecht: ausländische Quellensteuern sowie die Begründung einer beschränkten Steuerpflicht im Ausland bei ausländischen gewerblichen Einkünften. Bei US-Investments ist das Thema gewerbliche US-Einkünfte (ECI) wichtig. Kreditvergabe durch Zielfonds kann bei Direct Lending als Loan Origination und damit als ECI-Einkünfte eingestuft werden. Strukturelle Lösungen sollen eine steuerliche Mehrbelastung durch ECI-Einkünfte minimieren. Dazu gehören Season-and-Sell-, Non-US-Based Operations- sowie zunehmend Doppelbesteuerungsabkommen-Strukturen (z. B. Luxemburgische SCSp und Irische ICAV).
Fazit
Private Debt stellt eine attraktive Anlageklasse für institutionelle Investoren dar. Für Anleger ergeben sich zahlreiche steuer- und aufsichtsrechtliche Herausforderungen. Anleger sollten in Verhandlungen insbes. durch vertragliche Nebenvereinbarungen (Side Letter) sicherstellen, dass sämtliche aufsichts- und steuerrechtlichen Anforderungen (inkl. ESG) adressiert sind. Dies kann mit erfahrenen Beratern gemeistert werden.
Dieser Beitrag ist erstmals erschienen in: Intelligent Investors 01/2021, S. 55-57