Liquiditätsmaßnahmen für Portfoliounternehmen
Auf Portfolioebene werden Private Equity und Venture Capital Fondsmanager mit Priorität versuchen müssen, die Liquiditätssituation ihrer Portfoliounternehmen zu stützen. Um die IRR des Fonds dabei möglichst wenig zu belasten, werden Fondsmanager präferieren, den Portfoliounternehmen Liquidität durch Dritte zur Verfügung zu stellen anstatt durch den Fonds.
Eilmaßnahmen der Bundesregierung zur Liquiditätsverbesserung der Wirtschaft
Hierzu bietet sich an, die von der Bundesregierung erlassenen Eilmaßnahmen für Unternehmen zu nutzen. Die Eilmaßnahmen bezwecken vor allem, die Liquiditätssituation der Unternehmen schnell und unbürokratisch zu verbessen. Sie sind damit für jedes Portfoliounternehmen und damit jeden Fondsmanager von Interesse. Darüber hinaus beinhalten die Eilmaßnahmen eine Reihe von zivil-, insolvenz- und gesellschaftsrechtlichen Nebenmaßnahmen.
KfW-Sonderprogramm 2020
Im Rahmen des KfW-Sonderprogramm 2020 erweitert die KfW u.a. den KfW-Unternehmerkredit. Dieser ermöglicht Unternehmen eine zinsgünstige Finanzierung für Investitionen und Betriebsmittel, wenn das betreffende Unternehmen seit mindestens fünf Jahren besteht. Förderfähig sind Unternehmen, die durch die Corona-Krise vorübergehend Finanzierungsschwierigkeiten haben; im Übrigen aber strukturell gesund und wettbewerbsfähig sind. Das KfW-Sonderprogramm 2020 umfasst zudem die Möglichkeit der KfW, sich einen Teil von Konsortialfinanzierungen von der KfW übernehmen zu lassen sowie den ERP-Gründerkredit.
Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF)
Darüber hinaus wird durch das Stabilisierungsfondsgesetz ein Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) errichtet. Zielgruppe des WSF sind größere Unternehmen außerhalb des Finanzsektors, deren Bestandsgefährdung erhebliche Auswirkungen auf die Wirtschaft, die technologische Souveränität, Versorgungssicherheit, kritische Infrastrukturen oder den Arbeitsmarkt hätte.
Dem WSF stehen im Wesentlichen zwei Instrumente zur Verfügung: die Abgabe von Garantien für Verbindlichkeiten, die Unternehmen ab Beginn der Corona-Krise bis Ende 2021 begründen, sowie die Beteiligung an Rekapitalisierungsmaßnahmen von Unternehmen mittels einer Reihe von Finanzierungsinstrumenten (stille oder offene Beteiligung, Genussrechte, Wandelanleihen etc.).
Wagniskapitalbereich
Im Wagniskapitalbereich hat die Bundesregierung ein konkretes Maßnahmepaket angekündigt. Öffentlichen Wagniskapitalinvestoren, wie der EIF oder der High-Tech Gründerfonds, sollen zusätzliche Mittel zur Verfügung gestellt werden. Diese Mittel sollen für Finanzierungsrunden von Start-ups eingesetzt werden (zusammen mit, wie üblich in diesem Bereich, privaten Ko-Investoren).
Zudem sollen die Fondsinvestoren KfW Capital und EIF zusätzliche Mittel erhalten, um ggf. Anteile von ausfallenden Fondsinvestoren übernehmen zu können. Generell will die Bundesregierung im Rahmen des Maßnahmepakets die Finanzierung von Start-ups erleichtern.
Parallel zu diesem Maßnahmepaket stimmt die Bundesregierung die Ausgestaltung eines Zukunftsfonds für Start-ups ab. Dieser soll mittelfristig den Weg aus der Krise für Start-ups unterstützen.
Liquiditätsunterstützende Maßnahmen durch den Fonds
Sofern liquiditätsunterstützende Maßnahmen durch Dritte auf Portfolio-Ebene nicht ausreichen, muss der Fonds selbst einspringen. Die klassische liquiditätsunterstützende Maßnahme durch den Fonds ist das Gesellschafterdarlehen oder die Zuführung in die Kapitalrücklage an das Portfoliounternehmen. Beides setzt ausreichende Liquidität auf Fondsebene voraus und wirkt sich zudem auf die IRR des Fonds aus.
Fondsmanager werden es daher bevorzugen, Rettungsmaßnahmen außerhalb des Fonds über Ko-Investitionsvehikel zusammen mit Fondsinvestoren oder mit Dritten umzusetzen. An diesen Vehikeln könnten sich auch die öffentlichen Wagniskapitalinvestoren, wie der EIF, beteiligen, um die im Rahmen der Krise erhaltenen Finanzmittel einzusetzen.
Um mit Ko-Investitionsvehikel arbeiten zu können, sollten Fondsmanager prüfen, ob die Fondsdokumentation entsprechende Ko-Investitionen zulässt und die Dokumentation ggf. mit Hilfe ihrer Investoren anpassen. Einige Fondsgesellschaftsverträge verlangen z.B., dass Ko-Investitionen gleichrangig und auch zu sonst gleichen Bedingungen und Zeitpunkten wie die Investition des Fonds erfolgen.
Sofern die Liquiditätsunterstützung durch das Ko-Investitionsvehikel nicht über die Eigenkapital(rücklage) des Portfoliounternehmens erfolgt, sondern über ein Darlehen, stellen sich zudem aufsichtsrechtliche Themen. Qualifiziert das Ko-Investitionsvehikel als Alternativer Investmentfonds (AIF), dann wäre eine Darlehensvergabe für einen PE- oder VC-Fondsmanager nur praktikabel umsetzbar, wenn die Darlehensvergabe die Private Equity Ausnahme des § 285 Abs. 3 KAGB für Gesellschafterdarlehen erfüllt. Dies setzt eine EK-Beteiligung des Ko-Investitionsvehikels an dem Portfoliounternehmen voraus. Idealerweise sollte dieser Punkt im Rahmen des Maßnahmepakets der Bundesregierung im Wagniskapitalbereich nachgebessert werden. Darlehen von liquiditätsunterstützenden Ko-Investitionsvehikeln sollten den Gesellschafterdarlehen unter § 285 Abs. 3 KAGB gleich gestellt werden.
Das Corona-Maßnahmepaket erleichtert im Übrigen die insolvenzrechtliche Behandlung von Gesellschafterdarlehen (z.B. keine Anfechtbarkeit der Rückzahlung von in der Corona-Krise gewährten Darlehen).
Fondsebene
Auf Fondsebene wird sich die Corona-Krise auf die laufende Fondsverwaltung sowie auf anstehende Fundraisings erheblich auswirken. Aufgrund der enormen Folgen der Krise werden Investoren und Fondsmanager ihre gemeinsamen Erwartungen in den kommenden Monaten anpassen müssen.
Fundraising
Nimmt man die letzte Finanzkrise als Anhaltspunkt wird man davon ausgehen können, dass die Zeiten des komfortablen Fundraisings der letzten Jahre erst einmal vorbei sind. Aktuell laufende Fundraisings werden nach unserer Erfahrung deshalb mit Hochdruck zum Abschluss gebracht.
Sofern der Beginn des Fundraisings noch aufschiebbar ist, kann das Auflegen eines Annex-Fonds zum Hauptfonds eine Alternative sein zu einem vollumfänglichen und ggf. wenig erfolgreichen Fundraising eines Nachfolgefonds. Das Aufsetzen eines Annexfonds hängt indessen davon ab, ob die Dokumentation des Hauptfonds dies zulässt.
Lässt sich ein Fundraising nicht vermeiden, sollten Fondsmanager die Gelegenheit nutzen, ihre künftige Fondsdokumentation an die Krisensituation anzupassen. Anpassungsmaßnahmen könnten z. B. eine längere Fundraisingperiode als üblich sein oder ein Hinausschieben des Beginns der Investmentperiode. In diesem Zusammenhang sollte auch darüber nachgedacht werden, ob die Aufnahme von Regeln zum Warehousing von Investments in der Fondsdokumentation sinnvoll ist. Der Beginn des Fundraisings kann auch zum Anlass genommen werden zu prüfen, ob die Kreditaufnahmeregeln und Ko-Investitionsregeln in einer länger andauernden Corona-Krise sinnvoll nutzbar sind. Von Investorenseite wird im Gegenzug wohl mehr Mitbestimmung eingefordert werden, insbesondere auf die Dauer der Investmentperiode oder eine vorzeitige Beendigung des Fonds.
Laufende Fondsadministration
In der laufenden Fondsadministration sollte das Aufrechterhalten des Vertrauens der Investoren an erster Stelle stehen. Hieran anknüpfend können Fondsmanager Gespräche mit ihren Investoren suchen, um weitere Krisenmaßnahmen auf Fondsebene umsetzen zu können und Investorenausfälle zu vermeiden. Denkbar wären beispielweise ein Anheben der Wiederanlagegrenze nach Ablauf der Investmentperiode, sonstige Erweiterungen der Einbehalte von Ausschüttungen, eine Verlängerung der Investmentperiode oder Änderungen zu den bereits angesprochenen Regelungen zu Annexfonds und Ko-Investitionen. Zur Portfolio-Bewertung gibt es seit Ende März gesonderte Hinweise zur Corona-Krise der International Private Equity and Venture Capital Valuation (IPEV) Guidelines.
Das Normale: EU-weiter Fondsvertrieb und Investmentsteuerrecht
Neben der alles beherrschenden Corona-Krise gilt es, zwei aktuelle Entwicklungen im regulatorischen und steuerlichen Bereich im Blick zu behalten. Dies betrifft den EU-weiten Fondsvertrieb sowie die Erwerbbarkeit von geschlossenen PE- und VC-Fonds durch Spezial-Investmentfonds unter dem InvStG.
Pre-Marketing innerhalb der EU
Seit der Umsetzung der AIFM-Richtlinie im Sommer 2013 ist der EU-weite Vertrieb von Alternativen Investmentfonds (AIF) an professionelle Anleger durch ein EU-Passportverfahren vergleichsweise einfach umsetzbar. Das EU-Passportverfahren steht voll-regulierten Managern (AIFM) sowie solchen Managern zur Verfügung, die sich dem weniger strengen EuVECA- oder EuSEF-Regime unterworfen haben.
Bislang fehlt es aber an einer EU-einheitlichen Regelung sogenannter Pre-Marketing Aktivitäten. Hierbei handelt es sich um Aktivitäten, bei den der Manager oder dessen Beauftragter (Placement Agent) potentielle Investoren auf einen geplanten bzw. aktuellen Fonds anspricht, ohne dass bereits Zeichnungsunterlagen versandt werden. Jeder EU-Mitgliedstaat hat zum Pre-Marketing bislang ein eigenes Konzept mit eigenen Beschränkungen und Besonderheiten. Manager müssen daher gegenwärtig in jedem Zielland prüfen, unter welchen Voraussetzungen Gesprächen mit potentiellen Investoren geführt und erste Unterlagen versandt werden dürfen.
Um die Regeln für Pre-Marketing Aktivitäten zu vereinheitlichen, hat der EU-Gesetzgeber in 2019 eine Richtlinie sowie eine Verordnung zum grenzüberschreitenden Vertrieb von Investmentfonds erlassen (Richtlinie (EU) 2019/1160 und Verordnung (EU) 2019/1156). Beide Rechtsakte führen zu Änderungen der Vertriebsregeln in den entsprechenden EU-Fondsrichtlinien und EU-Verordnungen (OGAW-Richtlinie – Richtlinie 2009/65/EG, AIFM-Richtlinie – Richtlinie 2011/61/ EU, EuVECA-VO – Verordnung (EU) 345/2013 und EuSEF-VO – Verordnung (EU) 346/2013). Der deutsche Gesetzgeber arbeitet zurzeit an einer Umsetzung der neuen Richtlinien-Vorgaben in das KAGB.
Als Pre-Marketing werden im Grundsatz folgende Tätigkeiten qualifizieren: Überreichen von Teaser-Unterlagen mit nur wenigen Key Terms des Fonds oder das Übersenden eines Prospektes im Entwurf mit noch unvollständigen Angaben. Der Versand von Zeichnungsunterlagen würde dagegen schon die Grenze zum Marketing überschreiten.
Noch im Vorfeld von Pre-Marketing sind nach unserer Einschätzung Gespräche mit potentiellen Investoren über den Fonds, ohne dass Unterlagen zum Fonds bereitgestellt werden.
Die von der Pre-Marketing Definition erfassten Tätigkeiten sind in dem betreffenden EU-Mitgliedstaat ohne dortige Erlaubnis zulässig. Der betreffende AIFM muss lediglich seiner Heimataufsicht den Beginn des Pre-Marketings in dem betreffenden EU-Mitgliedstaat anzeigen.
Eine Verschlechterung gegenüber der aktuellen Rechtslage wird sich im Bereich Reverse Solicitation ergeben, also für Zeichnungen von Anteilen auf eigene Initiative des Anlegers. Reverse Solicitation von professionellen Anlegern galt bislang nicht als Vertrieb innerhalb der EU und bedurfte daher keiner Erlaubnis. Künftig wird Pre-Marketing in einem Land zu der Vermutung führen, dass alle Zeichnungen aus dem betreffenden Land innerhalb von 18 Monaten seit Beginn des Pre-Marketings das Ergebnis eines Vertriebs sind. Entscheidet der AIFM sich daher für das Pre-Marketing, muss er den europäischen Weg zu Ende gehen und den entsprechenden Vertriebspassport beantragen.
Die neuen Regeln zum Pre-Marketing gelten ab dem 2. August 2021.
Strengere Anforderungen an Marketing-Unterlagen
Strengere Anforderungen wird das neue Vertriebsregime hinsichtlich Marketing-Unterlagen im professionellen Bereich einführen. Hier gibt es bislang nur Vorgaben des allgemeinen Prospekthaftungsrechts sowie aus der MiFID II (Richtlinie 2014/65/EU).
Die MiFID II verlangt, dass Informationen in Marketing-Unterlagen von MiFID-Unternehmen im Grundsatz fair, eindeutig und nicht irreführend sein dürfen (Art. 44 Delegierte VO 2017/565). Seit MiFID II gelten diese Anforderungen auch für den professionellen Kundenbereich.
Die neuen Regeln zum Fondsvertrieb greifen diesen MiFID II Ansatz auf und verlangen ebenfalls, dass Informationen in Marketing-Unterlagen von Fondsmanagern im Grundsatz fair, eindeutig und nicht irreführend sind. Man kann davon ausgehen, dass sich das Verständnis von fair, eindeutig und nicht irreführend an den strengen Vorgaben der MiFID II-Regeln orientieren werden wird.
Marketing-Unterlagen werden daher künftig ein noch höheres Haftungsrisiko begründen, insbesondere mit Blick auf die im professionellen Bereich weitverbreiteten und meist wenig nachvollziehbaren Berechnungen von Performance-Angaben mittels IRR oder MOIC oder Vergleiche von Public Markets zu Private Markets.
Auch wenn die neuen Regeln erst ab dem 2. August 2021 gelten, ist es sinnvoll, die Marketing-Unterlagen für noch in 2020 geplante Fundraisings bereits auf die neuen Anforderungen hin zu prüfen.
Investmentsteuerrecht: BMF Schreiben zur Besteuerung von Spezial-Investmentfonds
Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat im Dezember 2019 einen Entwurf des überarbeiteten Investmentsteuererlasses zu Anwendungsfragen des Investmentsteuergesetzes an die Verbände geschickt. In dem Entwurf äußert das BMF seine Ansicht zu einigen der im aktuellen Anwendungserlass nicht kommentierten Regeln zu den Spezial-Investmentfonds.
Für Verwunderung im Private-Equity-Bereich sorgte vor allem die Auffassung des BMF, dass ein Spezial-Investmentfonds geschlossene Fonds nicht mehr als Wertpapiere nach § 26 Nr. 4 Buchstabe a) InvStG erwerben darf. Vorrangig sei vielmehr die allgemeine Regelung zur Erwerbbarkeit von Investmentfonds in § 26 Nr. 4 Buchstabe h) InvStG. Danach müssen Investmentfonds jedoch u.a. eine mindestens jährliche Rückgabe vorsehen. Geschlossene Fonds wären damit für Spezial-Investmentfonds nicht mehr erwerbbar.
Hinzukommt, dass das BMF keine Übergangsregeln vorsieht und kein aktives Nutzen der 10%-Schmutzgrenze des § 26 Nr. 4 InvStG erlauben will. Das Verständnis des BMF ist mit den allgemeinen juristischen Auslegungsregelungen nur wenig vereinbar. Es bleibt zu hoffen, dass das BMF die Kritik der Verbände aufnehmen wird und seine Position im abschließenden Erlass zurücknehmen wird.
Dieser Beitrag ist erstmals erschienen in: BAI Newsletter II/2020, Schwerpunkt Private Equity
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